Polens Regierungspartei liegt in Umfragen vorn

Absolute Mehrheit bei Parlamentswahl in Reichweite - Spannungen zwischen Warschau und Brüssel

Polens Regierungspartei liegt in Umfragen vorn

dh Frankfurt – An diesem Sonntag wählen rund 30,2 Millionen Polen ein neues Parlament. Die Umfragen signalisieren einen deutlichen Wahlsieg der regierenden erzkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Diese kommt in jüngsten Prognosen auf Werte zwischen 42 % und 48 %. Die erneute absolute Mehrheit im Parlament scheint in Reichweite. Die stärkste Oppositionspartei würde das liberalkonservative Bündnis Bürgerkoalition (KO) stellen, das laut Umfragen zwischen 26 % und 29 % erreicht. Voraussichtlich werden auch das Linksbündnis SLD und die Polnische Koalition der Bauernpartei PSL in den Sejm einziehen.PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski setzt im Wahlkampf vor allem auf das Thema Sozialpolitik. Schon in der letzten Legislaturperiode führte PiS das Kindergeld in Höhe von 500 Zloty (115 Euro) pro Kind ein und zahlte den Rentnern eine Einmalzahlung von umgerechnet 254 Euro. Vor der Wahl wirbt Kaczynski mit weiteren Zusatzleistungen. Mit diesem Programm, meint Kaczynski, könne Polen in Sachen Sozialstaat zu Westeuropa aufschließen. “Unser Ziel ist es, einen Sozialstaat zu schaffen und einen Staat mit echtem Wohlstand für seine Bewohner. Deshalb müssen wir in den nächsten Legislaturperioden auf ein Wachstum der Löhne setzen”, sagt Kaczynski. So soll es auch in den kommenden Jahren Rentnerprämien geben. Zudem strebt er einen höheren Mindestlohn, der bis Ende 2023 auf 4 000 Zloty (950 Euro) steigen soll, und Steuererleichterungen für Kleinunternehmer an. Das Programm scheint bei den Wählern gut anzukommen. Schon bei den Europawahlen im Mai, die als Stimmungsindikator galten, holte die PiS 45 % der Stimmen. “Das zeigt, dass in Polen nicht wirklich eine Wechselstimmung herrscht”, resümiert Piotr Buras von der Denkfabrik “Europäischer Rat für Internationale Beziehungen”. Die Wirtschaft boomtEin Grund für die starke Unterstützung ist die Tatsache, dass Polen wirtschaftlich gut dasteht. Speziell der private Konsum treibt das polnische Wirtschaftswachstum an. Allein 2018 stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Vergleich zum Vorjahr um 5,1 %. Für die kommenden Jahre ist dafür durch die weltweiten Unsicherheiten mit einem geringeren Anstieg zu rechnen. Die Europäische Kommission prognostiziert für 2019 ein Wachstum von 4,2 % und für 2020 von 3,6 %. Die Arbeitslosenquote lag im August dieses Jahres nach Angaben von Eurostat bei 3,5 %. Somit herrscht in Polen faktisch so gut wie Vollbeschäftigung. Die aktuellste veröffentlichte Arbeitslosenquote liegt gar weitaus besser, als es die Prognosen der EU-Kommission voraussagen. Die Brüsseler Behörde erwartete für dieses Jahr eine Arbeitslosenquote von 3,8 % und für das nächste von 3,5 %.Allerdings ist das Verhältnis zwischen Warschau und Brüssel brüchig. Erst gestern startete die EU-Kommission eine weitere Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Justizreformen der polnischen Regierung. Die Klage richtet sich gegen die neuen Regeln für Disziplinarmaßnahmen gegen Richter, wie die Kommission mitteilte. Das Regelwerk untergrabe die Unabhängigkeit polnischer Richter, der nötige Schutz vor politischer Kontrolle sei nicht gewährleistet. Darüber hinaus hat die Kommission 2017 ein Rechtsstaatsverfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge gegen Polen gestartet, welches bislang kaum vorankam.