Politik gegen Vorrang für Industrie bei Gas
dpa-afx Berlin –
Eon-Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley ist mit seiner Forderung, beim Notfallplan für die Gasversorgung über eine „umgedrehte“ Reihenfolge nachzudenken, weitestgehend auf Ablehnung gestoßen. Die gesamte Volkswirtschaft und damit auch die Einkommen der Menschen hingen daran, dass die Industrie arbeitsfähig bleibe, hatte Kley im „Manager Magazin“ gesagt. Die Politik sollte deshalb erwägen, erst bei Privaten und dann bei der Industrie abzuschalten. „Wobei natürlich lebensnotwendige Infrastruktur wie Krankenhäuser weiterhin davon auszunehmen sind.“
Politik und Experten wiesen den Vorschlag zurück. Er wolle nicht in Katastrophenszenarien schwelgen, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) der Funke Mediengruppe. „Aber eines ist klar: Es ist undenkbar, dass bei der Großmutter zuhause die Wohnung kalt ist.“ Deshalb dürfe es gar nicht zu einer Situation kommen, in der man diese Abwägung treffen müsste.
Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, mahnte in der „Rheinischen Post“, Gruppen nicht gegeneinander auszuspielen. „Trotzdem ist die Frage legitim und notwendig, was ich in einer Gasnotlage zuhause tun kann oder muss, um Gas, CO2 und Geld zu sparen, damit unser Land insgesamt gut durch die Krise kommt. Sie gilt aber für die Industrie wie für private Verbraucher gleichermaßen“, sagte er.
„Die Wirtschaft muss für den Menschen da sein und nicht umgekehrt“, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner der „Bild“. Forderungen, die Gas-Priorisierung zu ändern, „gehen gar nicht“. Andreas Jung (CDU), Mitglied des Bundestagsausschusses für Klimaschutz und Energie, sagte: „Es muss nochmal sensibel diskutiert werden, wo welche Einsparungen vertretbar sind. Aber klar ist: Niemand soll frieren, Privathaushalte brauchen besonderen Schutz.“
Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, warnte ebenfalls davor, die privaten Haushalte im Fall eines Gas-Lieferstopps vor der Industrie abzuschalten. Es stehe im Gesetz, dass die privaten Haushalte geschützte Kunden seien. Das sei auch mit Sicherheitsfragen verbunden, sagte Hüther der „Rheinischen Post“.