EUROPA HAT DIE WAHL

Populisten für Kehrtwende

Regierung in Rom steht auf der Kippe

Populisten für Kehrtwende

Von Gerhard Bläske, MailandDie Wahl zum Europaparlament könnte in Italien zum Bruch der Populistenregierung aus der rechtsnationalen Lega und der populistischen 5-Stelle-Bewegung und zu einer nationalen Neuwahl im Herbst führen. Denn die Spannungen innerhalb der Koalition haben zuletzt ein unerträgliches Maß angenommen.Außerdem dürfte es am 26. Mai zu einer deutlichen Verschiebung der politischen Kräfteverhältnisse in Italien kommen. Die Lega, die bei der Wahl zum italienischen Abgeordnetenhaus vom März 2018 auf 17 % der Stimmen kam, könnte ihren Stimmenanteil mehr als verdoppeln auf bis zu 37 %, die 5 Stelle dagegen von 32 % auf unter 20 % abstürzen. Die zerstrittene Linkspartei wird kaum über 20 % kommen. Möglicherweise erhält ein Mitte-rechts-Bündnis aus Lega, der geschrumpften Forza Italia von Ex-Premier Silvio Berlusconi und der nationalistischen Fratelli d’Italia eine rechnerische Mehrheit. Moderater gewordenDies und ein Absturz der 5 Stelle unter 20 % würde die Wahrscheinlichkeit einer nationalen Neuwahl erhöhen. 5 Stelle haben aus Sicht vieler ihrer Anhänger zu viele faule Kompromisse mit der Lega gemacht.In Sachen Europa sind die beiden Parteien nicht so weit auseinander und gegenüber 2014 moderater geworden. Beide wollen Schluss machen mit einem Europa der Bürokraten und Banker, wie sie es nennen. Beide kritisieren einen angeblichen Austeritätskurs der EU, der von Deutschland gesteuert werde. Zu den Feindbildern gehören auch Sozialisten und Konservative, die die Machtposten in Brüssel untereinander aufteilen. Ruf nach ReferendenDie 5 Stelle haben ihre Forderungen nach einem Referendum zum Euro und der Einführung von Euro-Bonds sowie die Abschaffung von Haushaltsregeln gestrichen. Sie setzten sich für einen europäischen Mindestlohn und Referenden ein. Außerdem soll die Europäische Zentralbank sich weniger auf geldpolitische Stabilität, sondern auf Wachstum konzentrieren und ein “lender of last resort” sein. Investitionen in Sicherheit, Forschung und Infrastruktur sollen nach den Vorstellungen der 5 Stelle bei der Berechnung der Defizitquote nicht berücksichtigt werden.Ein geplantes Bündnis mit den französischen Gelbwesten ist gescheitert. Bisher gehören die 5 Stelle mit der britischen Ukip der europaskeptischen Gruppierung “Europa der Freiheit und der direkten Demokratie” im Europaparlament an. Nun wurde eine Allianz mit Populisten aus Kroatien, Griechenland, Polen und Finnland gebildet.Lega-Chef Matteo Salvini strebt eine Annäherung an die Europäische Volkspartei an und hat sich mit Ungarns Regierungschef Viktor Orbán getroffen. Er ist aber ambivalent und hat eine Allianz mit der rechtsextremen AfD und dem Rassemblement National von Marine Le Pen geschmiedet, der weitere Rechtspopulisten beitreten sollen. Im Mittelpunkt der Forderungen stehen der Kampf gegen die Migration, ein Ende des “Spardiktats” aus Brüssel sowie Steuersenkungen.