Corona-Pandemie

Portugal sieht Licht am Ende des Tunnels

Portugal beginnt die Infektionsschutzmaßnahmen zu lockern. Die dritte Welle hat die Wirtschaft aber unerwartet hart getroffen, so dass die Regierung die Prognosen nach unten genommen hat.

Portugal sieht Licht am Ende des Tunnels

Von Thilo Schäfer, Madrid

Die Menschen in Portugal können ab Montag wieder ins Kino und Theater gehen. In Bars, Cafés und Restaurants, die seit Monatsbeginn bereits draußen bewirtet dürfen, kann man dann mit bis zu vier Personen auch drinnen am Tisch sitzen. Allerdings muss die Gastronomie unter der Woche um 22 Uhr und am Wochenende schon um 13 Uhr schließen.

Portugal vollzieht damit die dritte Stufe des Lockerungsplans, da der Sieben-Tage-Inzidenzwert im Landesschnitt zuletzt auf 36 Fälle pro 100000 Einwohner gesunken ist. Allerdings gelten in einigen Bezirken, wo die Pandemie-Lage noch angespannter ist, weiterhin starke Beschränkungen. Die Landesgrenze zum Nachbarn Spanien bleibt vorerst geschlossen. Ministerpräsident António Costa gab sich zuversichtlich, dass man wie geplant in zwei Wochen den Gesundheitsnotstand aufheben könne, was automatisch weitere Lockerungen mit sich bringt. „Aber diese neuen Freiheiten erfordern auch eine größere Verantwortung, damit das erhöhte Risiko nicht zu einem Anstieg der Infektionen führt“, warnte der Sozialist.

Nachdem Portugal bei Ausbruch der Corona-Pandemie im letzten Jahr recht gut wegkam, traf es das kleine Land im Westen Europas im Winter härter als andere. Die Inzidenzzahl schoss bis auf 800 hinauf, die Krankenhäuser erlebten vielerorts den Kollaps, was durch den Hilfseinsatz der deutschen Bundeswehr nur allzu deutlich wurde. Die Regierung Costa verordnete einen sehr strengen Lockdown mit Ausgangssperren, der nun offenbar Früchte trägt. Das Land mit gut 10 Millionen Einwohnern zählt bereits 830000 Infektionsfälle und fast 17000 Tote.

Der Stillstand durch die unerwartet harte dritte Welle hat natürlich Spuren in der Wirtschaft hinterlassen. Die Regierung korrigierte ihre Wachstumsprognose von einem Anstieg von 5,4% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) auf 4% herunter. So steht es im Stabilitätsprogramm für die Europäische Kommission, das am Freitag im Parlament in Lissabon vorgestellt wurde. Im kommenden Jahr soll das BIP um 4,9% wachsen. Die neuen Prognosen stimmen in etwa mit denen anderer Volkswirte überein, wie der EU-Kommission oder dem Banco de Portugal.

Durch die Pandemie brach die Wirtschaft im letzten Jahr mit einem Minus von 7,6% so stark ein wie zuletzt 1936. Im Gegensatz zur Finanzkrise vor einem Jahrzehnt konnte die sozialistische Regierung die Auswirkungen auf Wirtschaft und Arbeitsmarkt einigermaßen abfedern. Die Erwerbslosenquote lag Ende des Jahres bei 6,8% und soll nach Schätzungen der Regierung dieses Jahr auf 7,3% klettern.

„Zu wenig konkrete Projekte“

Die Corona-Ausgaben haben sich auf rund 5 Mrd. Euro summiert, darunter Hilfen für Unternehmen und Kurzarbeitergeld sowie Mehrkosten im Gesundheitswesen. Aus den EU-Fonds React und Sure wurden 1,6 Mrd. Euro dazu beigesteuert. Nun soll der Wirtschaft wie anderswo in Europa mit massiven Investitionen wieder auf die Beine geholfen werden. Lissabon erwartet 22 Mrd. Euro aus dem europäischen Wiederaufbaufonds. „Die wirtschaftliche Erholung wird anders als in der vorherigen Krise ohne Austerität und mit stabilen Steuern vollzogen“, kündigte der Finanzminister João Leão an. Der Wiederaufbauplan PRR sieht ganz im Sinne der EU Investitionen in den ökologischen Wandel und die Digitalisierung vor, aber auch den Ausbau der teils rückständigen Infrastruktur, vor allem des Schienenverkehrs. Die unabhängige Aufsichtsbehörde der öffentlichen Haushalte CFP bemängelt jedoch, dass der Plan zu wenig konkrete Projekte enthalte, mit denen man die EU-Gelder anzapfen könne.

Vor der Pandemie hatte die Costa-Regierung zum ersten Mal in vier Jahrzehnten einen Haushaltsüberschuss von 0,1% des BIP erwirtschaftet. 2020 kam es wieder zu einem Defizit – von 5,7%. Doch Leão erwartet, dass man bis 2025 den Fehlbetrag auf 1,1% senken wird. Die Schulden sollen demnach von 128% des BIP in diesem Jahr auf 114% in 2025 zurückgehen. Die Wiederbelebung hängt aber nicht allein vom Geschehen in Portugal ab, sondern auch von der Corona-Entwicklung in anderen Ländern. Denn der Tourismus machte vor der Krise 15% der Wirtschaftsleistung aus.