Preisauftrieb nimmt in Großbritannien ab
hip London – In Großbritannien hat sich der Preisauftrieb im Dezember etwas verlangsamt. Wie das Statistikamt ONS mitteilt, ging die Teuerungsrate von 3,1 % im November auf 3,0 % zurück. Die Kernrate der Verbraucherpreise, bei der schwankungsanfällige Komponenten wie Energiepreise herausgerechnet werden, sank von 2,7 % auf 2,5 %. Im Dezember 2016 hatte der Preisauftrieb noch bei 1,6 % gelegen.Die Inflation wurde größtenteils importiert. Die Abwertung des Pfund nach dem Votum der Briten für den EU-Austritt ließ die Preise importierter Güter steigen. Das Einkommenswachstum blieb hinter der Inflation zurück. Seit einigen Monaten sinken die Reallöhne (siehe Grafik). Wachstum gewinnt Schwung”Wir gehen davon aus, dass der Preisauftrieb seinen Gipfel erreicht hat”, sagte Amit Kara, Head of UK Macroeconomic Forecasting am National Institute of Economic and Social Research (NIESR). Beim Statistikamt schreckte man vor einer derartigen Aussage noch zurück. Die Teuerungsrate wird sich Kara zufolge von nun an schrittweise auf den Zielwert der Bank of England von 2,0 % zubewegen, eine entsprechende Geldpolitik vorausgesetzt. “Das Wirtschaftswachstum scheint im Schlussquartal sowohl hierzulande als auch im Ausland an Schwung gewonnen zu haben”, sagte Kara. “Das bestärkt uns in der Ansicht, dass die Bank of England den Leitzins im Mai erneut erhöhen wird – und danach alle sechs Monate, bis er Mitte 2021 bei 2,0 % angekommen ist.”Volkswirte aus der Privatwirtschaft sehen das anders als der Ökonom der renommierten Denkfabrik. “Nach der jüngsten Erhöhung um 25 Basispunkte gehen wir davon aus, dass der Leitzins der Bank of England auf absehbare Zeit bleibt, wie er ist”, heißt es etwa im Ausblick der Anlagestrategen von UBS Wealth Management. “Aber es ist wahrscheinlich, dass die Bank of England den strengeren Ton beibehalten wird, weil sie die Möglichkeit einer strafferen Geldpolitik in den Köpfen der Haushalte und Anleger am Leben halten will.” Das Wirtschaftswachstum werde sich im laufenden Jahr von 1,5 % auf 1,1 % verlangsamen und dieses Tempo auch 2019 beibehalten. Das Szenario des Vermögensverwalters: Während die Verbraucher ihre Ausgaben mit Blick auf steigende Kosten für Kredite und einen schwieriger werdenden Arbeitsmarkt zurückfahren, schrecken Unternehmen wegen der Unsicherheit rund um den Brexit vor Investitionen zurück. Allerdings sollten diese Schwierigkeiten mit der Zeit an Gewicht verlieren. Eine rückläufige Inflation bedeute, dass der Druck auf die Realeinkommen nachlasse. Zudem wolle sich London mit Brüssel auf einen Übergangszeitraum für die Zeit nach dem EU-Austritt einigen.Der für Großbritannien zuständige Volkswirt von BoA Merrill Lynch, Robert Wood, ist der Ansicht, dass bei den Realeinkommen das Schlimmste überstanden ist. Allerdings könnte sich das Wachstum der Verbraucherausgaben im laufenden Jahr abschwächen, es sei denn, die Sparquote sinke weiter.”Ich wüsste nicht, warum die Bank of England dieses Jahr in Eile sein sollte, die Zinsen zu erhöhen”, sagte Ben Brettell, Senior Economist beim Vermögensverwalter Hargreaves Lansdown. “Ich verstehe den Schritt des vergangenen Jahres eher als stillschweigendes Eingeständnis, dass die Senkung des Leitzinses auf 0,25 % unnötig war, denn als Beginn eines nachhaltigen Aufwärtstrends.” Wenn man einmal vom Lärm um den Brexit absehe, sehe die wirtschaftliche Lage in Großbritannien nicht wesentlich anders aus als in anderen entwickelten Industrieländern. “Ich kenne keinen Grund, warum die britische Teuerungsrate nicht schrittweise auf das sehr niedrige Niveau zurückkehren sollte, das in vergleichbaren Staaten vorherrscht”, sagte Brettell.