ZEW-Konjunkturerwartungen

Preisdruck zeigt Spuren in Stimmungs­barometern

Die anhaltenden Preissteigerungen lasten mittlerweile auch auf den ersten Frühindikatoren. So hat das ZEW-Konjunkturbarometer das fünfte Mal in Folge nachgegeben, und der OECD-Indikator zeigt nur mehr ein mäßiges Expansionstempo an.

Preisdruck zeigt Spuren in Stimmungs­barometern

ba Frankfurt

Die seit Monaten kräftig steigenden Preise belasten zunehmend die Aussichten für die deutsche, aber auch für die europäische Konjunktur. Dies zeigt sich etwa an den ZEW-Konjunkturerwartungen, aber auch an den OECD-Frühindikatoren (Composite Leading Indicators, CLIs). Dass die nach dem Corona-Einbruch kräftige Erholungsbewegung zum Jahresende hin deutlich an Schwung verlieren wird, gilt als gesetzt. Zumal die immer noch ungelöste Lieferkettenproblematik nicht nur für einen sich weiter verschärfenden Materialmangel sorgt, sondern neben den zulegenden Kosten für Öl, Gas, Kohle und Strom zusätzlich die Preise treibt.

Mittlerweile zieht sich der Preisdruck durch die Wertschöpfungskette nach oben: Laut den neuesten Destatis-Daten haben die Erzeuger- und Großhandelspreise im August und September auf Jahressicht so kräftig zugelegt wie seit der ersten Ölkrise 1974 nicht mehr, bei den Importpreisen war es der stärkste Anstieg seit der zweiten Ölkrise 1981 (siehe Bericht auf dieser Seite). Diese drei Ebenen sind den Verbraucherpreisen vorgelagert. Umfragen des Ifo-Instituts zufolge stehen Preiserhöhungen nicht nur in Industrieunternehmen fest auf der Agenda. Auch die Einzelhändler nehmen nun Preiserhöhungen ins Visier. 74% der Einzelhändler klagten im September, dass gegenwärtig nicht jede Bestellung erfüllt werden könne: „Manches Weihnachtsgeschenk wird vielleicht nicht lieferbar sein oder teuer werden“, prognostiziert Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. Dabei ist der private Konsum hierzulande auf Erholungskurs, wie eine vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln und The Conference Board (TCB) durchgeführte Umfrage zeigt. Das entsprechende Verbrauchervertrauen ist im dritten Quartal weiter angestiegen und signalisiere anhaltende Normalisierung. Vor allem die guten Beschäftigungsperspektiven würden die Konsumstimmung aufhellen, teilte das IW am Dienstag mit.

„Ausblick spürbar eingetrübt“

Weniger zuversichtlich zeigen sich die monatlich vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) befragten 172 Analysten und institutionellen Anleger. Ökonomen sehen in dem fünften Rückgang der ZEW-Konjunkturerwartungen – um 4,2 auf 22,3 Punkte – die Folgen der erwarteten Abkühlung der Weltwirtschaft, der Unsicherheit über die weitere Pandemieentwicklung, den Materialmangel, die zuletzt eingebrochenen Industriedaten zu Auftragseingang und Produktion sowie die Preissteigerungen. Auch die Lagekomponente, die zwischen Februar und September 2021 noch stetig zugelegt hatte, gab nach – um 10,3 auf 21,6 Zähler. Ökonomen hatten für das Erwartungsbarometer nur einen Rückgang auf 24,0 Punkte und für die Lagekomponente ein Minus auf 28,0 Zähler vorausgesagt.

„Der konjunkturelle Ausblick für die deutsche Wirtschaft hat sich spürbar eingetrübt“, kommentierte ZEW-Präsident Achim Wambach und verwies als Hauptursache auf die Lieferengpässe bei Rohstoffen und Vorprodukten. Vor allem bei den exportorientierten Branchen wie etwa Fahrzeugbau und Chemie/Pharma würde eine Verschlechterung der Ertragslage erwartet.

Für die Eurozone zeichnet die Umfrage ein ähnliches Bild: Sowohl das Konjunkturbarometer (–10,1 auf 21,0 Punkte) als auch die Lagekomponente (–6,6 auf 15,9 Zähler) haben im Oktober nachgegeben. Allerdings sind auch die Inflationserwartungen für das Eurogebiet leicht zurückgegangen. Es würden jedoch 49,1% der Befragten mit einem weiteren Anstieg der Inflationsrate in den nächsten sechs Monaten rechnen, hieß es beim ZEW.

Tempoverlust

Der Frühindikator CLI der Indus­trieländerorganisation OECD zeichnet ebenfalls das Bild eines sich weiter abschwächenden Expansionstempos der Wirtschaftstätigkeit im OECD-Raum. Ein Faktor, der die CLIs nach unten ziehe, sei der anhaltende Anstieg der Verbraucherpreise in den letzten Monaten, der auf die stark gestiegenen Energiepreise zurückzuführen sei, betonte die OECD. Die CLIs signalisieren ein moderates, über dem Trend liegendes Expansionstempo für Kanada, die USA, Japan, das Vereinigte Königreich und den Euroraum als Ganzes – wobei das Niveau des realen BIP in Frankreich unter dem Trend liegen werde.

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