Preissprung heizt EZB-Debatte an

Deutsche Inflation legt im August von 1,5 auf 1,8 Prozent zu - Diskussion über Folgen der Euro-Stärke

Preissprung heizt EZB-Debatte an

Nächste Woche kommt der EZB-Rat zu seiner ersten geldpolitischen Sitzung nach der Sommerpause zusammen. Im Fokus steht die Frage: Wie geht es weiter mit der ultralockeren Geldpolitik? Die Inflation zieht an.ms Frankfurt – Sowohl in Deutschland als auch in Spanien haben die Verbraucherpreise im August stärker angezogen als erwartet – was Spekulationen schürte, dass es auch im gesamten Euroraum mit der Inflation stärker nach oben gegangen sein könnte als bislang gedacht. Eine erste Schätzung dazu legt Eurostat am heutigen Donnerstag vor. Diese wiederum ist eine zentrale Marke für die Europäische Zentralbank (EZB), die vor einer Grundsatzentscheidung über ihre Geldpolitik steht.Gemessen am EU-harmonisierten Verbraucherpreisindex HVPI machte die Inflation in Deutschland im August einen Satz von zuvor 1,5 % auf 1,8 %, wie Destatis gestern in einer ersten Schätzung mitteilte. Volkswirte hatten mit 1,7 % gerechnet. In Spanien legte der HVPI von 1,7 % auf 2,0 % zu – gegenüber erwarteten 1,8 %. Für die Euro-Inflation waren die Volkswirte bislang im Mittel davon ausgegangen, dass sie im August von 1,3 % auf 1,4 % zugelegt habe. Nun scheinen durchaus auch 1,5 % im Bereich des Möglichen.Der EZB-Rat kommt am Donnerstag nächster Woche zu seiner ersten geldpolitischen Sitzung nach der Sommerpause zusammen. Im Herbst will und muss die EZB entscheiden, wie es mit der ultralockeren Geldpolitik und insbesondere den breiten Anleihekäufen (Quantitative Easing, QE) weitergeht. Bislang enden diese im Dezember 2017. Bei vielen Euro-Notenbankern sorgt die weiter gedämpfte Inflation für Unruhe. Die EZB strebt auf mittlere Frist unter, aber nahe 2 % an.”Für die EZB sind die deutschen Inflationszahlen eine gute Nachricht”, sagte Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING-DiBa. Auch im Euroraum dürfe es weiter in Richtung des 2 %-Ziels gegangen sein. Die 1,8 % in Deutschland bedeuten den stärksten Preisanstieg auf Jahressicht seit April. Auch in nationaler Rechnung legte die Teuerung auf 1,8 % zu – nach zuvor 1,7 %. Das war der vierte Anstieg in Folge. Treiber des August-Anstiegs waren vor allem die Energiepreise. Sie verteuerten sich auf Jahressicht um 2,3 %, nach 0,9 % im Juli. Auch die Nahrungsmittelpreise zogen stärker an – um 3,0 % statt 2,7 %. Dagegen schwächte sich der Anstieg bei den Dienstleistungen von 1,7 % auf 1,6 % ab.Die Kernrate (ohne Energie und Lebensmittel) in Deutschland dürfte im August nahezu unverändert bei 1,6 % geblieben sein. Das deutet darauf hin, dass auch die Kerninflation im Euroraum unverändert bei 1,2 % gelegen haben könnte. Dieser Wert ist bei der EZB aktuell im besonderen Fokus, weil sie daran den zugrundeliegenden Inflationsdruck misst – jenseits der volatilen Komponenten Energie und Nahrung.Der Anstieg der deutschen Inflation im August könnte aber der vorerst letzte gewesen sein und die Teuerung in den nächsten Monaten gar wieder zurückgehen, warnte Brzeski. Dafür sprächen nicht zuletzt die jüngste Euro-Aufwertung und Basiseffekte bei den Energiepreisen.Die deutliche Aufwertung des Euro und die möglichen Implikationen für die EZB-Politik sorgten auch gestern wieder für viel Diskussionsstoff – auch wenn der Euro zunächst wieder unter die am Dienstag erreichte Marke von 1,20 Dollar fiel. Die Commerzbank veröffentlichte eine Schätzung, nach der das reale Bruttoinlandsprodukt in den kommenden beiden Jahren insgesamt um knapp 0,5 Prozentpunkte niedriger ausfallen würde, wenn sich die jüngste deutliche Aufwertung als dauerhaft erweisen sollte. Die Kernteuerung im Euroraum werde 2018 0,2 Prozentpunkte niedriger liegen, so Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen.Dagegen relativierte George Saravelos, Stratege der Deutschen Bank, die jüngste Aufwertung. Das aktuelle Niveau des Euro erfordere lediglich eine um 0,2 Prozentpunkte höhere Wachstumseinschätzung über den EZB-Prognosehorizont hinweg, um die Notenbank auf dem von ihr bisher erwarteten Inflationspfad zu halten. “Erst bei 1,25 Dollar oder mehr würde das Tapering verworfen”, glaubt Saravelos. Ganz ähnlich hatte zuvor der frühere Vize-Chef der irischen Zentralbank, Stefan Gerlach, im Interview der Börsen-Zeitung gesagt, dass die bisherige Aufwertung für die EZB “keine große Rolle” spielen werde (vgl. BZ vom 30. August).Im jüngst veröffentlichten Protokoll der Juli-Zinssitzung des EZB-Rats hatte es eine Warnung vor einem “Überschießen” des Euro gegeben. Bundesbankpräsident Jens Weidmann hatte die Sorgen in der vergangenen Woche im Interview der Börsen-Zeitung aber bereits heruntergespielt (vgl. BZ vom 24. August). Ähnlich hatte sich danach auch sein estnischer Amtskollege Ardo Hansson geäußert.