Private Heizungen sollen von Gasengpässen nicht betroffen sein
ahe Brüssel
Angesichts möglicher Kürzungen von Gaslieferungen aus Russland will die EU-Kommission ein Sparprogramm starten, das möglichst sofort beginnen soll. Eine solche „koordinierte Bedarfsreduzierung“ sei der Schlüssel zur Minimierung von Kosten und Unterbrechungen später im Jahr, heißt es in dem Richtlinienentwurf für die Mitgliedstaaten, den die Behörde nächste Woche vorstellen will und der der Börsen-Zeitung vorab vorliegt. Einen Fokus beim Einsparen von Gas will die Kommission auf das Heizen und Kühlen legen. So soll es die Verpflichtung geben, in öffentlichen Gebäuden das Heizen auf 19 Grad und das Kühlen auf 25 Grad zu begrenzen, sofern dies technisch machbar ist.
Bislang wurden rund 40% der EU-Gasnachfrage aus Russland gedeckt. Laut Kommission betragen die Gaslieferungen aus Russland aktuell weniger als 30% des Durchschnitts der letzten Jahre. Teilweise sei dies auf Bemühungen zurückzuführen, die Gasversorgung aus anderen Quellen zu steigern, etwa durch flüssiges Erdgas (LNG). Aber teilweise sei diese Kürzung auch „das Ergebnis plötzlicher, ungerechtfertigter und einseitiger Maßnahmen von Gazprom“ gewesen.
Die europäischen Staats- und Regierungschefs hatten die EU-Kommission bereits zweimal aufgefordert, einen Notfallplan für den Fall von Lieferausfällen auszuarbeiten. Die Leitlinien enthalten nun auch Kriterien für die Priorisierung des Verbrauchs, sollte es zu Gasengpässen kommen. Die Kommission stellte klar, dass „geschützte Kunden“, zu denen private Haushalte gehören, für weniger als 37% des gesamten EU-Gasverbrauchs stehen. Simulationen hätten gezeigt, dass diese Gruppe erst einmal nicht von großflächigen Störungen betroffen wäre. Haushalte, Fernwärme und bestimmte soziale Dienstleistungen würden bei der Gasversorgung als Letzte eingeschränkt. „Die Versorgung mit Heizgas ist somit durch die aktuelle EU-Versorgungssicherheitsverordnung gewährleistet.“
Nach Ansicht der Kommission könnten in der Industrie rund 10% der Gasnachfrage eingespart werden. Allerdings müssten auch hier kritische Unternehmen und Branchen verschont bleiben. Bei der Priorisierung des Gasverbrauchs schlägt die Behörde daher vier Kriterien vor, die jeweils geprüft werden sollten: Vorrang sollten daher Unternehmen oder Organisationen haben, die für das reibungslose Funktionieren der Gesellschaft von entscheidender oder strategischer Bedeutung sind. Solche Sektoren könnten Gesundheit, Sicherheit, Verteidigung und Umwelt sein. Zudem müssten die grenzüberschreitenden Lieferketten beachtet werden – ebenso wie mögliche Substitutionsmöglichkeiten und Schäden, die ein Gasausfall in der Produktion anrichten würde.
Die Kommission unterstützt nachdrücklich Verfahren wie Auktionen, um Anreize für eine Reduzierung des Verbrauchs bei industriellen Verbrauchern zu setzen. Diese könnten auf grenzüberschreitender Ebene organisiert werden. Zu den ähnlichen marktbasierten Maßnahmen, die bereits in den nationalen Notfallplänen vorgesehen seien, gehören auch „unterbrechbare Verträge“, bei denen im Voraus finanzielle Ausgleiche festgelegt werden. Potenziale sieht die EU-Kommission auch durch einen Wechsel von Brennstoffen, etwa in der Stromerzeugung. Die Behörde plädierte dafür, geplante Abschaltungen von Atomkraftwerken ebenso zu verschieben, wie Umstellungen von Kohle auf Gas.