Rückgang bei Auftragsmangel und Stornoquote

Probleme im Wohnungsbau verringern sich minimal

Der Auftragsmangel bleibt ein großes Problem im deutschen Wohnungsbau. Im Juni beklagten sich aber weniger Unternehmen darüber und auch die Stornoquote sinkt.

Probleme im Wohnungsbau verringern sich minimal

Probleme im Wohnungsbau verringern sich minimal

Auftragslage und Stornoquote verbessern sich

ba Frankfurt

Die Lage im deutschen Wohnungsbau hat sich im Juni minimal verbessert. Die jüngste Ifo-Umfrage verzeichnet eine leichte Stimmungsaufhellung sowie Entspannungssignale seitens Auftragslage und Stornoquote. Das ändert aber nichts daran, dass der Bau in der Krise steckt und zu den Branchen mit erhöhtem Insolvenzrisiko zählt. Branchenverbände fordern seit langem von der Politik Erleichterungen bei den Bauvorschriften und hoffen, dass die im Juni von der EZB eingeleitete Zinswende bald auf die Finanzierungskonditionen durchschlägt. Derzeit schrecken viele private Hausbauer und Investoren wegen der hohen Zins- und Materialkosten vor Bauvorhaben zurück.

Rund die Hälfte klagt

Laut Ifo klagten im Juni 50,2% der Wohnungsbauunternehmen über Auftragsmangel, im Mai waren es noch 51,7%. „Der Mangel an neuen Aufträgen ist weiterhin ein großes Problem“, erklärte Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen. Häuslebauer seien zurückhaltend, auch weil die Leitzinssenkung der EZB vorerst nur ein erster Schritt ist. „Bei den Finanzierungskosten hat sich noch nicht viel getan.“ Das spiegele sich auch in der Entwicklung der Baugenehmigungen. Im April wurden 17,0% weniger Baugenehmigungen erteilt als im Vorjahr.

Stornoquote sinkt ebenfalls

„Was heute nicht beauftragt und genehmigt wird, kann zunächst auch nicht gebaut werden“, so Wohlrabe. Daher werde das Thema die Unternehmen vermutlich noch eine ganze Weile begleiten. Entspannung gibt es auch mit Blick auf die Stornierungsquote: Diese sank auf 13,7% von 15,1% im Mai. „Von Optimismus ist die Branche noch weit entfernt“, mahnte Wohlrabe mit Blick auf das Geschäftsklima, was zwar etwas zugelegt hat, mit minus 44,3 Punkten aber deutlich im negativen Bereich bleibt.

Ein ähnliches Bild zeigt auch der Einkaufsmanagerindex (PMI) für den Bau: Der Index, der neben dem Wohnungs- auch den Gewerbe- und Tiefbau abdeckt, ist im Juni den zweiten Monat in Folge gestiegen, und zwar von 38,5 auf 39,7 Punkte. Damit signalisiert das Stimmungsbarometer Kontraktion. Der Wohnungsbau sei seit zwei Jahren der schlechteste Teilbereich, im Juni habe sich aber das Minus zum zweiten Mal hintereinander sichtbar abgeschwächt und ist laut S&P Global so geringfügig ausgefallen wie seit etwas mehr als einem Jahr nicht mehr.

Besonders insolvenzgefährdet

Der Bausektor gehört zu jenen mit den derzeit höchsten Insolvenzzahlen. Für das erste Halbjahr meldet etwa die Auskunftei Creditreform einen Anstieg von 27,5%.

Vor allem auf die katastrophale Lage im Wohnungsbau sei dafür verantwortlich, heißt es beim Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB). Ursächlich für das grundsätzlich höheres Insolvenzrisiko sei, dass Bauunternehmer sämtliche Kosten wie Baumaterial und Löhne vorfinanzieren müssten.

Hoffnung auf Gebäudetyp E

Die Branche setzt nun auf den Gebäudetyp E: Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat laut Medienberichten einen Referentenentwurf an die Ressorts der Bundesregierung geschickt. E steht dabei für einfach bzw. experimentell. Statt dem Bauen nach Goldstandard sollen reine Ausstattungs- und Komfortstandards nicht mehr als „anerkannte Regeln der Technik“ gewertet werden, sowie einvernehmlich von diesen abgewichen werden können. Außerdem soll ein Abweichen nicht mehr automatisch als Sachmangel gelten. Konkret geht es um Komfortstandards wie etwa die Raumhöhe, die Anzahl der Steckdosen, oder die Art der Fenster. Die dauerhafte Sicherheit und Eignung des Gebäudes muss aber dennoch gewährleistet sein. Die geplante Gesetzesänderung soll sowohl Neu- als auch Umbauten betreffen. „Es muss wieder möglich sein, das (sicherheits-)technisch Notwendige zu bauen und nicht immer nur das technisch absolut Machbare“ hieß es dazu vom ZDB. Laut Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) ließen sich so bis zu 10% der Herstellungskosten einsparen, für die Wirtschaft verringere sich der jährliche Erfüllungsaufwand um rund 2,1 Mrd. Euro.

Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) indes warb laut dpa-afx beim Besuch der Produktion von Daiwa House Modular Europe, dem nach eigenen Angaben größten Modulbauer Europas, für das modulare Bauen im Baukastenprinzip zur schnellen Schaffung von mehr Wohnraum. Es gebe da „wirklich jetzt einen großen Aufschwung“. Zum einen sei dafür die rechtliche Basis nötig. „Aber man muss auch in den Köpfen ein bisschen Offenheit schaffen“, sagte sie. „Der ein oder andere hat ja immer noch Vorbehalte gegenüber dem Bauen auf diese Art und Weise.“ Inzwischen könne damit aber sehr modern, nachhaltig und individuell mit unterschiedlichen Materialien gebaut werden, sagte Geywitz. Der Bund habe ein Förderprogramm von 2 Mrd. Euro für klimafreundlichen Neubau im Niedrigpreissegment geschaffen.

Fast 2 Millionen Wohnungen stehen leer

Im zweiten Quartal hat das Kaufinteresse am Immobilienmarkt wieder angezogen. Es werden aber weiter zu wenige Wohnungen fertiggestellt. Das von der Ampelregierung anvisierte Ziel von 400.000 neuen Wohnungen jährlich wird deutlich verfehlt – Experten erwarten nach 295.000 neuen Wohnungen 2023 für dieses Jahr Fertigstellungen von etwa 260.000 Wohnungen, 2025 dürften es um die 265.000 werden. Dennoch standen laut dem Zensus zum Stichtag 15. Mai 2022 rund 1,9 Millionen Wohnungen leer, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Das entspricht einer Leerstandsquote von 4,3%. Dabei wurden 55% der leer stehenden Wohnungen seit mehr als einem Jahr nicht bewohnt und 38% waren in den folgenden drei Monaten bezugsfertig.

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