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Raab hat große Fußstapfen zu füllen

hip - Der britische Außenminister Dominic Raab (46) hat einen schockierten Eindruck gemacht, als bekannt wurde, dass Premierminister Boris Johnson in der Nacht zum Dienstag auf die Intensivstation des Krankenhauses St. Thomas verlegt worden ist....

Raab hat große Fußstapfen zu füllen

hip – Der britische Außenminister Dominic Raab (46) hat einen schockierten Eindruck gemacht, als bekannt wurde, dass Premierminister Boris Johnson in der Nacht zum Dienstag auf die Intensivstation des Krankenhauses St. Thomas verlegt worden ist. Fällt Johnson für längere Zeit aus, liegt es an ihm, die Geschäfte der Regierung zu führen. Johnson benannte zwar bei der Bildung seines Kabinetts keinen stellvertretenden Premierminister. Diese Position hatte zuletzt Nick Clegg unter David Cameron inne. Johnson bat den ehemaligen Brexit-Staatssekretär jedoch, ihn zu vertreten. Sein schwarzer Gürtel in Karate dürfte dem langjährigen EU-Gegner dabei zugutekommen, hat die Coronavirus-Krise doch für reichlich Streit im Kabinett gesorgt.Raab verfügt bei weitem nicht über das Charisma von Johnson. In wenig schmeichelhaften Beschreibungen seiner Auftritte in der britischen Presse heißt es unter anderem, er blinzele nie oder wirke wie durch zehn Tassen Kaffee aufgeputscht. Vor einem Jahrzehnt wurde er für den Wahlkreis Esher & Walton, eine Tory-Hochburg in Surrey, ins Unterhaus gewählt. Damals erregte er mit einem Artikel, in dem er Feministinnen als “widerliche Fanatikerinnen” bezeichnete, den Ärger von Theresa May, die damals noch Innenministerin war und ihm vorwarf, den Krieg zwischen den Geschlechtern zu befördern.Als Premierministerin machte sie den Juristen, der bis dahin bereits eine Reihe von Posten bekleidet hatte, gleichwohl zum Brexit-Staatssekretär. In Brüssel verlieh man ihm dem konservativen “Telegraph” zufolge den Spitznamen “Rübe” – vermutlich weil sein Name der niederländischen Vokabel “raap” ähnelt und man mit seiner Verhandlungsweise unzufrieden war. Raab legte das Amt im November 2018 nach vier Monaten nieder, weil er der von der Verwaltung im Namen Mays mit der EU ausgehandelten Austrittsvereinbarung nicht zustimmte. Er könne den sogenannten Backstop nicht guten Gewissens mittragen, sagte er damals. Nach Mays Rücktritt im Mai 2019 bemühte er sich um die Parteiführung, schnitt gegen Johnson aber noch schlechter ab als der spätere Schatzkanzler Sajid Javid. Im Juli 2019 ernannte Johnson Raab zum Nachfolger von Jeremy Hunt als Außenminister. Bei der Wahl im Dezember schaffte er es nur knapp, sein Mandat gegen den Kandidaten der proeuropäischen Liberaldemokraten zu verteidigen.Raab ist der Sohn eines jüdischen Flüchtlings, der 1938 vor den Nazis aus Tschechien fliehen musste. Er wuchs in Buckinghamshire auf, besuchte ein Gymnasium und studierte Jura in Oxford und Cambridge. Er arbeitete für die Kanzlei Linklaters. Projektfinanzierung und Wettbewerbsrecht waren dabei Themen. Dann wechselte der Vater zweier Söhne ins Außenministerium, wo er sich mit dem arabisch-israelischen Konflikt ebenso beschäftigte wie mit Gibraltar. Zwischen 2006 und 2010 war er als Chief of Staff für die konservativen Politiker David Davis und Dominic Grieve tätig.