SPANIEN

Rajoy am Ende

Angela Merkel attestierte ihrem spanischen Amtskollegen Mariano Rajoy eine "Elefantenhaut" zu haben, nachdem dieser 2016 eine monatelange Hängepartie überstanden hatte und mit einer hauchdünnen Mehrheit im Parlament wiedergewählt worden war....

Rajoy am Ende

Angela Merkel attestierte ihrem spanischen Amtskollegen Mariano Rajoy eine “Elefantenhaut” zu haben, nachdem dieser 2016 eine monatelange Hängepartie überstanden hatte und mit einer hauchdünnen Mehrheit im Parlament wiedergewählt worden war. Spaniens Ministerpräsident ist in der Tat ein Überlebenskünstler. Doch nun steht er plötzlich und unerwartet vor dem politischen Ende. Sollte es nicht noch in letzter Minute eine Riesenüberraschung geben, wird die Minderheitsregierung von Rajoy am heutigen Freitag im Parlament durch einen Misstrauensantrag gestürzt und der Oppositionschef Pedro Sánchez von den Sozialisten dank der Stimmen der Linkskoalition Unidos Podemos und der katalanischen und baskischen Nationalisten zum neuen Ministerpräsidenten gewählt.Denkbar ist, dass Rajoy vorher zurücktritt. Natürlich kommt diese politische Krise im viertgrößten Land der Eurozone nicht gerade gelegen inmitten der Turbulenzen um die Situation in Italien. Doch Spanien ist nicht Italien. Es besteht keine Gefahr, dass antieuropäische Kräfte die Macht in Madrid übernehmen könnten. Auslöser für den Umsturzversuch war das Gerichtsurteil im Korruptionsfall “Gürtel”, in dem die Existenz von schwarzen Kassen der konservativen Volkspartei (PP) belegt, mehrere frühere Parteispitzen zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt wurden und die Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen Rajoys angezweifelt wird. Gürtel ist der wichtigste, aber nicht der einzige Korruptionsskandal der letzten Jahre. Mehrere frühere Minister und regionale Ministerpräsidenten der PP stehen vor Gericht oder sind bereits verurteilt worden. Das alles prallte an der “Elefantenhaut” ab. Die Wähler ließen die Missbräuche der Konservativen jahrelang ungestraft durchgehen – wie übrigens auch die Korruption der Sozialisten in deren Hochburg Andalusien oder der Nationalisten von Carles Puigdemont in Katalonien.Es war daher richtig, dass Sánchez nach dem Gürtel-Urteil die Reißleine zog. Der Schritt ist freilich auch opportunistisch. Der Sozialistenchef möchte erst einmal einige Monate regieren, bevor er Wahlen einberufen würde. Doch dazu fehlt ihm die parlamentarische Stabilität. Die Regierung Rajoy war zuletzt ziemlich ideenlos, vor allem was den Katalonien-Konflikt betraf. Baldige Neuwahlen sind in der gegenwärtigen Situation der einzig richtige Ausweg. Es gibt natürlich keine Garantie dafür, dass es danach einfacher wird, eine stabile Regierung zu bilden. Es bestünde aber zumindest die Chance auf einen Neubeginn, dann ohne Rajoy.