Löhne steigen, Konsum stockt

Reallohnwachstum in Deutschland setzt sich fort

Auch im zweiten Quartal verzeichnen die Reallöhne in Deutschland einen Anstieg. Geringverdiener profitieren dabei besonders stark. Allerdings bleibt trotz der wachsenden Kaufkraft der private Konsum schwach und sorgt für Unsicherheit in der wirtschaftlichen Erholung.

Reallohnwachstum in Deutschland setzt sich fort

Reallöhne in Deutschland weiterhin im Aufwärtstrend

dh Frankfurt

Die Kaufkraft der deutschen Arbeitnehmer entwickelt sich weiter positiv. Das Statistische Bundesamt gab am Donnerstag bekannt, dass die Reallöhne im zweiten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um durchschnittlich 3,1% gestiegen sind. Die nominalen Löhne erhöhten sich um 5,4%, während die Verbraucherpreise nur um 2,3% stiegen. Nach einer Phase erheblicher Kaufkraftverluste zwischen Ende 2021 und Anfang 2023 stellt dies bereits den fünften aufeinanderfolgenden Anstieg der Reallöhne dar.

Starke Nominallohnsteigerungen

Ein Treiber des Reallohnwachstums im zweiten Quartal war die Inflationsausgleichsprämie, ergänzt durch in Tarifverträgen vereinbarte Lohnerhöhungen und Einmalzahlungen. Besonders deutliche Lohnzuwächse gab es in den Branchen Energieversorgung mit 7,6%, Verkehr und Lagerei mit 6,8% sowie im Gesundheits- und Sozialwesen mit 6,7%.

Höchste Lohnzuwächse bei Geringverdienern

Geringverdiener profitierten im zweiten Quartal 2024 überdurchschnittlich von den Lohnerhöhungen. Die nominalen Löhne im unteren Einkommensfünftel stiegen um 7,6% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Lohnzuwachs für das obere Einkommensfünftel lag mit 5,7% leicht über der gesamtwirtschaftlichen Lohnentwicklung.

Verhaltener Konsum

Trotz des Wachstums der Reallöhne zeigt sich der private Konsum in Deutschland weiterhin schwach. Eine Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) und des Nürnberg Instituts für Marktentscheidungen (NIM) deutet darauf hin, dass das Konsumklima im September nachlässt. „Die Verbraucher trauen dem Rückgang der Inflation noch nicht so richtig“, so Ifo-Ökonom Klaus Wohlrabe. Die Unsicherheit der Verbraucher in Bezug auf die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung führt dazu, dass viele ihr Geld zurückhalten, was die Gefahr einer Rezession erhöht.

Zudem gleichen die jüngsten Reallohnzuwächse die Kaufkraftverluste der letzten Jahre noch nicht vollständig aus. Auch die Abkühlung des Arbeitsmarktes könnte die wirtschaftliche Erholung weiterhin bremsen. Die deutsche Wirtschaft stehe vor einer entscheidenden Phase, meint Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING: „Der Konsum bleibt die Jokerkarte für das zweite Halbjahr. Allerdings: Wenn Fußball-EM und Reallohnsteigerungen bisher nicht den großen Durchbruch gebracht haben, ist Vorsicht auch für die nächsten Monate angebracht.“

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.