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Realpolitiker verlässt Mexikos Regierung

Von Andreas Fink, Buenos Aires Börsen-Zeitung, 11.7.2019 Der Rückzug von Carlos Urzúa aus dem mexikanischen Finanzministerium ist der bisher heftigste Schlag für den seit Dezember regierenden Präsidenten Andrés Manuel López Obrador, kurz AMLO. Seit...

Realpolitiker verlässt Mexikos Regierung

Von Andreas Fink, Buenos AiresDer Rückzug von Carlos Urzúa aus dem mexikanischen Finanzministerium ist der bisher heftigste Schlag für den seit Dezember regierenden Präsidenten Andrés Manuel López Obrador, kurz AMLO. Seit gemeinsamen Tagen in der Verwaltung der Hauptstadt – López Obrador war Bürgermeister und Urzúa dessen Kämmerer – war der Finanzminister einer der engsten Wegbegleiter des Präsidenten. Und er war auch dessen Anker in der ökonomischen Realität.Urzúa, an der nationalen Elitehochschule in Monterrey sowie der University of Wisconsin ausgebildet, war für in- und ausländische Investoren eine gewisse Garantie, dass der linksnationale Vielversprecher López Obrador nicht abhebt. Dass Urzúa nun sein überraschend präsentiertes Rücktrittsschreiben mit “vielen Disputen” und “Offiziellen, die nichts von öffentlichen Finanzen verstehen” begründete, war ein tiefer Hieb für den Präsidenten, der auch sieben Monate nach Übernahme der Amtsgeschäfte nicht aus dem Wahlkampfmodus herauskommt.Entsprechend entsetzt reagierten die Märkte: Der Peso verlor nach dem Rücktritt um mehr als 2 % und handelte zu Börsenschluss mit 19,17 Dollar um 1,4 % schwächer, während der Hauptindex der mexikanischen Börse um fast 1,5 % fiel. Urzúas Ausscheiden dürfte den Himmel über Mexikos Wirtschaft noch weiter verdunkeln. Das Wachstum des 120-Millionen-Staates hatte, auch bedingt durch die Drohungen aus dem Weißen Haus, bereits deutlich nachgelassen, was sich in entsprechenden Bewertungen der Ratingagenturen niederschlug.Die spanische Großbank BBVV Bancomer schrieb in einem Kommentar, der Rücktritt allein sei ein deutliches Signal, aber dessen Begründung sei noch viel schädlicher. Sie stelle einen “vierten Meilenstein” dar nach der Einstellung des Neubaus des Großflughafens in Mexiko-Stadt, dem Bremsen einer avisierten Energiereform und einer möglichen Revision der Privatisierung der staatlichen Ölgesellschaft Pemex sowie des Drucks der staatlichen Elektrizitätsbehörde auf Änderung bestehender Verträge.Präsident López Obrador akzeptierte Urzúas Rücktritt. “Er ist nicht einverstanden mit den Entscheidungen, die wir treffen. Aber wir haben die Verpflichtung, jene Wirtschaftspolitik zu verändern, die hier seit 36 Jahren implementiert wird”, sagte der Präsident in einem Video.An der Seite von López Obrador saß im Kurzfilm der Nachfolger: Arturo Herrera war zuvor der Vize Urzúas. Weil er als ebenso moderat gilt wie sein bisheriger Chef und die Finanzmärkte seine Arbeit positiv bewerten, stieg der Peso-Wechselkurs nach Bekanntwerden seiner Berufung wieder leicht an. Dennoch wiegt die Begründung des Rücktritts schwer. Nun komme es darauf an, “ob der Präsident bereit ist, klare Signale auszusenden, ob sich die von Urzúa angesprochenen Probleme lösen werden”, sagt Alexandra Zapata, Direktorin des Think-Tanks Instituto Mexicano para la Competitividad. Auch ein ausgezeichneter Finanzminister könne die Situation nicht verbessern, solange der Präsident das nicht zulasse.