EU-Finanzen

Rechnungshof beklagt Kontrollverlust bei Beihilfen

Der EU-Rechnungshof kritisiert die nationalen Beihilfen für Unternehmen, die immer mehr von einer Krisen- zu einer Industriepolitik mutieren und mangels Kontrollmöglichkeiten kaum überwacht würden.

Rechnungshof beklagt Kontrollverlust bei Beihilfen

Rechnungshof beklagt Kontrollverlust bei Beihilfen

Kritik an Krisenhilfen, die zur Industriepolitik mutieren – Staaten sollen mehr Daten liefern

lz Frankfurt

Die EU-Kommission verliert nach Ansicht des Europäischen Rechnungshofs zunehmend den Überblick über die von einzelnen Staaten vergebenen Beihilfen. In einem neuen Bericht stellen die Prüfer fest, dass kaum Daten über die Verwendung jener Hilfen vorliegen, die im Rahmen der Covid-Pandemie, der Ukraine-Krise oder für den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft vergeben worden sind. Grund sei, dass die EU-Kommission die Überwachung deutlich zurückgefahren habe, um den Zufluss der Finanzhilfen zu beschleunigen.

Die Rechnungsprüfer halten das aus Verantwortung für die Steuerzahler für verkehrt und verantwortungslos. „Die EU muss auch in Krisenzeiten staatliche Beihilfen unter Kontrolle halten, um unseren Binnenmarkt zu schützen und einen freien und fairen Wettbewerb zu gewährleisten“, sagte George Hyzler, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Rechnungshofs. „Die Bürger müssen Gewissheit haben, dass die staatlichen Beihilfen tatsächlich nötig sind und kurzfristige Lösungen nicht letztlich den EU-Binnenmarkt gefährden.“

Kritik an Krisenhilfen, die zur Industriepolitik mutieren

Eigentlich sind staatliche Beihilfen für Unternehmen in der EU grundsätzlich verboten, da sie den Wettbewerb im Binnenmarkt verzerren können. Andererseits sind staatliche Eingriffe bei einer Krise durchaus wünschenswert oder sogar erforderlich, räumen die Prüfer ein. Allerdings hätten diese auch außerhalb der Krisenzeiten zuletzt deutlich zugelegt.

Die Beihilfen seien von rund 120 Mrd. Euro jährlich in der Zeit vor der Krise auf über 320 Mrd. Euro im Jahr 2022 gestiegen und seien im Niveau daraufhin nur wenig zurückgegangen. Die Bedingungen für die Gewährung sei „nicht immer klar definiert oder ausreichend auf die am stärksten betroffenen Unternehmen ausgerichtet gewesen“, monieren die Prüfer.

Nachverfolgung problematisch

Insofern könne die unterschiedliche Finanzkraft der EU-Länder auch dazu führen, dass kleinere Staaten benachteiligt würden, weil ihnen die Finanzmittel fehlten. Hinzu kommt dem Prüfungsbericht zufolge, dass die Mitgliedstaaten unterschiedliche Vorschriften zur Gewährung von Beihilfen hätten. Damit sei es für die EU-Kommission schwierig, den Weg der Gelder nachzuverfolgen.

Mitunter, so vermuten die Rechnungsprüfer, seien gar „Entscheidungen getroffen worden, ohne dass nähere Informationen über die Finanzierungsmechanismen vorgelegen haben“. Umgekehrt verfüge die EU-Kommission „über keinen strukturierten Ansatz, mit dem nicht angemeldete Beihilfen aufgedeckt werden könnten“.

Nach Ansicht der Rechnungsprüfer werden immer mehr Beihilfen auch für industriepolitische Ziele eingesetzt. Der Rechnungshof nennt hier explizit Mittel zur Stärkung der strategischen Unabhängigkeit der EU oder für den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft. Oftmals sei in diesem Zusammenhang gar nicht klar, wer die staatlichen Beihilfen eigentlich erhalte.

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