DER KAMPF GEGEN DIE FOLGEN DES CORONAVIRUS

Regierung in Rom holt jetzt die Bazooka raus

Hilfen von 25 Milliarden Euro - Weitere Mittel in Aussicht - Viele Industriebetriebe haben geschlossen

Regierung in Rom holt jetzt die Bazooka raus

bl Mailand – Die italienische Regierung hat die Hilfsmaßnahmen für Privathaushalte, Wirtschaft und das Gesundheitssystem noch einmal drastisch aufgestockt – auf nun 25 Mrd. Euro. Premierminister Giuseppe Conte machte deutlich, dass dies nicht das letzte Wort ist. Im Extremfall würden bis zu 350 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt. Die Mittel sind für das Gesundheitssystem, großzügige Kurzarbeitsregelungen, Familienhilfen, Arbeitslose und Selbständige, Liquiditätshilfen, die Aussetzung von Kreditzahlungen und Steuerzahlungen vorgesehen. Italien dringt auch auf eine stärkere europäische Koordinierung.Conte handelte unter dem Druck einer sich extrem ausbreitenden Coronavirus-Pandemie im Land, die neben der bei weitem am stärksten betroffenen Region Lombardei zunehmend auch in den Süden des Landes vordringt. Zehntausende Italiener aus dem Norden haben sich in den letzten Wochen in den Süden aufgemacht, dessen Gesundheitssystem darauf in keiner Weise vorbereitet ist. Die Verbindungen auf die Inseln Sardinien und Sizilien wurden deshalb zuletzt drastisch eingeschränkt. Allerdings steht auch das Gesundheitssystem im Norden, insbesondere in der Lombardei, vor dem Zusammenbruch.Die Entwicklung bedroht aber auch das gesamte Wirtschaftssystem des Landes. Allein um die Städte Bergamo und Brescia, Schwerpunkte der Pandemie, haben 200 Unternehmen geschlossen. Rund drei Millionen der 23 Millionen Beschäftigten in der Wirtschaft des Landes sind in Zwangspause. Weiteren 3,6 Millionen droht nach einer jüngst veröffentlichten Analyse der Verlust des Arbeitsplatzes. Betroffen sind Selbständige, aber auch Beschäftigte in Handel, Tourismus und Industrie. Die Modebranche, mit einem Umsatz von 95 Mrd. Euro und 600 000 Beschäftigten, klagt über Liefer- und Exportprobleme.Nachdem es in der vergangenen Woche in vielen Industriebetrieben zu wilden Streiks gekommen war, weil viele Beschäftigte um ihre Gesundheit fürchteten, trafen Arbeitgeber und Gewerkschaften am Wochenende eine Vereinbarung. Sie soll die Sicherheit der Beschäftigen in der Produktion gewährleisten und auch deren Versorgung mit Atemmasken sicherstellen. Mitarbeiter sollen schon bei leichtem Fieber zu Hause bleiben, Abstände zwischen den Beschäftigten vergrößert, alle nicht für die Produktion wichtigen Bereiche wie Kantinen geschlossen werden, Schichten gestaffelt beginnen und enden und Lkw-Fahrer in ihren Fahrerkabinen bleiben.Zahlreiche Betriebe haben inzwischen geschlossen – teils wegen des massiven Nachfrageeinbruchs, teils wegen Umbauarbeiten zur Gewährleistung der Sicherheit der Arbeitnehmer. Fiat Chrysler schloss bis zum 27. März sechs Werke in Italien, aber auch die Werke in Serbien und Polen. Auch bei Ferrari gibt es eine zweiwöchige Produktionspause. Darüber hinaus haben CNH Industrial, Lamborghini, Geox, der Stahlproduzent Feralpi, der Bremsenhersteller Brembo, das Rüstungsunternehmen Leonardo, Ansaldo Energia und Luxottica ihre Fertigungen vorübergehend eingestellt. Der Autoherstellerverband Anfia fordert eine Koordination mit Deutschland und Frankreich. Andernfalls drohten wegen der Unterbrechung von Lieferketten irreparable Schäden für die Industrie des Landes.Zur Verschärfung der Lage beigetragen haben die diversen Grenzschließungen. Auch Warentransporte waren und werden dadurch teilweise behindert. Das betrifft auch Lieferungen aus dem Ausland. Erschwerend kommen Probleme im Seetransport hinzu. Schiffe aus Italien werden teilweise nicht mehr entladen, oder das Land wird nicht mehr angelaufen. In Genua, dem größten Hafen des Landes, kam es wegen diverser Schutzmaßnahmen zu langen Staus.