Regierung will ohne neue Steuern auskommen

Bundeskanzlerin stellt sich gegen Vermögensabgabe - Finanzminister legt heute Steuerschätzung vor

Regierung will ohne neue Steuern auskommen

sp Berlin – Die Bundesregierung hat laut Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) derzeit keine Pläne, die milliardenschweren Hilfen zur Eindämmung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie über die Erhöhung von Steuern oder Abgaben zu finanzieren. “Stand heute sind keinerlei Erhöhungen von Abgaben und Steuern geplant”, sagte Merkel im Rahmen einer Regierungsbefragung im Bundestag. Sie könne nur aus der Perspektive des “jetzigen Zeitpunkt” antworten, schränkte Merkel ein. “Sonst wären wir ja Zukunftsvorherseher, und das maße ich mir nicht an”, sagte die Kanzlerin. Eine Vermögensabgabe, wie sie zuletzt von der Parteispitze des Koalitionspartners SPD ins Spiel gebracht wurde, lehnte Merkel ab. “Ich finde erstmal wichtig, dass wir noch ein paar Unternehmen haben, die auch Steuern zahlen an den Staat”, sagte sie dazu.Bereits am Dienstag hatte sich Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) gegen Steuererhöhungen zur Refinanzierung der Corona-Ausgaben ausgesprochen. “Das ist eine ganz klare Absage an die Vorstöße von Olaf Scholz (SPD)”, hatte der CDU-Politiker hinzugefügt. Heute stellt der Bundesfinanzminister in Berlin die Steuerschätzung für 2020 vor. Erstmals seit der Finanzkrise 2009 dürften die Einnahmen von Bund, Ländern und Kommunen sinken – womöglich sogar noch stärker als damals. Unterlagen aus dem Finanzministerium zeigen laut Nachrichtenagentur dpa-afx, dass die Coronakrise ein Steuerloch von knapp 120 Mrd. Euro aufreißen könnte. In der SPD gibt es deshalb bereits Forderungen nach einer Steuererhöhung zur Finanzierung der Coronalasten.Um diese Lasten möglichst zu begrenzen, hat die Bundeskanzlerin in den vergangenen Wochen vor einer zu schnellen Rückkehr zur Normalität gewarnt. Auch bei ihrer ersten Regierungsbefragung im Bundestag während der Pandemie mahnte Merkel gestern wieder zur Vorsicht. “Lassen Sie uns mutig und wachsam sein”, sagte sie mit Blick auf die nächsten Lockerungsschritte.Einen ähnlichen Ton schlagen die Forscher des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung und das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in einer gemeinsamen Studie an. Sie sprechen sich für begrenzte, schrittweise Lockerungen der Corona-Auflagen aus. Ein “umsichtiger, schrittweiser Öffnungsprozess” könne die wirtschaftlichen Kosten minimieren, ohne die medizinischen Ziele zu gefährden, heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten Studie. Deutlichere Lockerungen dagegen seien weder gesundheitlich noch ökonomisch zu empfehlen, schreiben die Autoren. “Wenn die Politik kurzfristig mehr Wirtschaftstätigkeit erlaubt, verlängert sich die Phase der Beschränkungen nach unseren Simulationsanalysen so sehr, dass die Gesamtkosten steigen”, warnen Ifo-Präsident Clemens Fuest und Helmholtz-Immunologe Michael Meyer-Hermann. Die Politik müsste allerdings mehr testen, um ein Anwachsen der Infektionen zu begrenzen. Das sei “unentbehrlich, um die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Kosten der Pandemie zu begrenzen”, betonen die Institute. Merkel empört über Russland Neben der Coronakrise war unter anderem auch der Hackerangriff auf den Bundestag im Jahr 2015 Thema der gestrigen Regierungsbefragung mit der Bundeskanzlerin. Mit Blick auf Ermittlungsergebnisse des Generalbundesanwalts sprach Merkel von “harten Evidenzen” für eine russische Beteiligung und von einem “ungeheuerlichen Vorgang”. Merkel betonte zwar, dass sie sich weiter um ein gutes Verhältnis zu Russland bemühen wolle. Eine “vertrauensvolle Zusammenarbeit” werde dadurch aber gestört. “Natürlich behalten wir uns immer Maßnahmen vor, auch gegen Russland”, erklärte sie auf Nachfrage nach möglichen Konsequenzen.