FRANKREICH

Reine Taktik

Der Wahlkampf in Frankreich gewinnt an Fahrt. Nicht ohne Hintergedanken hat Ex-Wirtschaftsminister Emmanuel Macron wenige Tage vor der ersten Runde der Vorwahlen der Konservativen und des Zentrums offiziell bekannt gegeben, dass er bei den...

Reine Taktik

Der Wahlkampf in Frankreich gewinnt an Fahrt. Nicht ohne Hintergedanken hat Ex-Wirtschaftsminister Emmanuel Macron wenige Tage vor der ersten Runde der Vorwahlen der Konservativen und des Zentrums offiziell bekannt gegeben, dass er bei den Präsidentschaftswahlen im kommenden Frühjahr antreten will. Auch wenn seine Kandidatur keine Überraschung ist, beschneidet der 38-jährige frühere Rothschild-Banker damit nicht nur die Ambitionen des sozialistischen Amtsinhabers François Hollande und von dessen Premierminister Manuel Valls.Er setzt mit seiner Kandidatur auch das bürgerlich-rechte Lager unter Druck. Denn Macron könnte vor allem Ex-Premier- und Außenminister Alain Juppé gefährlich werden. Juppé geht zwar nach wie vor als Favorit in die Vorwahlen. Doch er gilt wie Macron als eher gemäßigt, wirtschaftsliberal und globalisierungsfreundlich. Jetzt, wo Macron seine Kandidatur offiziell bekannt gegeben hat, könnten bürgerliche Wähler versucht sein, dem jüngeren Hoffnungsträger Macron ihre Stimme zu geben. In den letzten Tagen holten Ex-Präsident Nicolas Sarkozy und Ex-Premierminister François Fillon in Umfragen bereits deutlich gegenüber Juppé auf.Selbst Marine Le Pen von der rechtsextremen Front National dürfte Macrons Kandidatur nicht behagen. Denn wie sie kritisiert der frühere Berater Hollandes, das politische System habe versagt und sei zum größten Hindernis für den Umbau des Landes geworden. Frankreich werde schon viel zu lange von immer denselben Leuten regiert, bemängelt Macron. Die alten Seilschaften müssten überwunden werden, denn zwischen Regierung und Volk gebe es eine Kluft, meint der politische Seiteneinsteiger, der die Wahl von Donald Trump in den USA als Symptom für die Notwendigkeit eines Wechsels deutet. Inhaltlich jedoch blieb Macron bisher relativ vage.Der junge Politiker sorgt zwar für frischen Wind im Wahlkampf, und er kommt in Beliebtheitsumfragen derzeit auf hohe Werte. Ob das allein jedoch ausreicht, um den zu befürchtenden Einzug von Marine Le Pen in die Stichwahl verhindern zu können, ist fraglich. Denn auch wenn die von Macron gegründete Bewegung “En marche” mittlerweile knapp 100 000 registrierte Mitglieder und 3 Mill. Euro an Wahlkampfspenden vorweisen kann, könnte das Rennen um die Präsidentschaft angesichts des fehlenden Parteiapparats hinter ihm schwierig werden. Vieles wird davon abhängen, wer Macrons Gegenspieler im rechten und im linken Lager sein werden.