Renzi greift nun auch Weidmann an

"Bundesbank soll sich um ihre Probleme kümmern"

Renzi greift nun auch Weidmann an

tkb Mailand – Matteo Renzi, Italiens 40-jähriger “Turbo-Premier”, spielt den Enttäuschten und greift nicht nur die EU, sondern auch Angela Merkel und Frankreichs Präsidenten François Hollande an. Kritik übt er wegen der EU-Sparpolitik, der mangelnden Flüchtlings-Strategie und unzureichenden Wachstumsinitiativen. Nun geriet auch der Präsident der deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, ins Visier von Renzi. Von New York aus riet er dem Bundesbankchef, sich lieber um seine eigenen Probleme zu kümmern. Weidmann hatte zuvor in einem Interview mit der Turiner “La Stampa” die wachsenden Gesamtschulden Italiens kritisiert.Finanzminister Pier Carlo Padoan hat zwar für 2016 einen Schuldenabbau angekündigt. Allerdings stiegen die Staatsschulden bereits im Juli auf ein neues Allzeithoch. Da das Wachstum 2016 wohl unter den Prognosen bleiben und die Privatisierungserlöse keineswegs die von der Regierung erwarteten 0,5 % der Wirtschaftskraft einbringen werden, dürften Italiens Schulden 2016 weiter zunehmen.Renzi will keine Kritik oder Ratschläge von der Deutschen Bundesbank. Diese solle sich lieber um die Derivate ihrer Banken kümmern, die “Hunderte von Milliarden Euro ausmachen”, so der Premier vor Journalisten in New York. In Italien wird Renzis laute Kritik mit Vorsicht gewertet. Der ehemalige Bürgermeister von Venedig, der Historiker Massimo Cacciari, befürchtet, dass der Schuss nach hinten losgeht. Renzi verspiele mit seinem “Geschrei” die Möglichkeiten, dass die EU Rom weitere Flexibilität zugestehe. Das Stabilitätsgesetz wird kommende Woche präsentiert: Angeblich fehlen der Regierung bis zu 20 Mrd. Euro, um annähernd die vorgegebenen Kriterien zu erreichen.Renzi steht vor einem wichtigen innenpolitischen Test: der Volksabstimmung über die Verfassungsreform. Sein Image als Reformer ist verblasst, auch wenn er mehr Reformen verabschiedet hat als seine Vorgänger in den letzten 20 Jahren. Doch es braucht Zeit, bis diese greifen. Inzwischen gewinnt die euroskeptische Opposition an Stimmen. Durch Kritik an der Brüsseler Spar- und Immigrationspolitik will Renzi Anhänger zurückgewinnen.