Rohstoffmangel „Geschäftsrisiko Nummer eins“
rec Frankfurt
Für Deutschlands Industrie wachsen sich Rohstoffknappheiten zu einem immer ernsteren Problem aus. Der Präsident des Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Peter Adrian, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Für die Industrieunternehmen sind Energie- und Rohstoffpreise inzwischen das Geschäftsrisiko Nummer eins.“ Sehr sorgfältig beobachten müsse man auch die Frage: „Welche Auswirkungen haben wir langfristig auf die Inflationsrate oder ist die Steigerung jetzt nur ein vorübergehender Effekt?“
Mit seinen Äußerungen facht der oberste Interessenvertreter der hiesigen Exportwirtschaft die Debatte über Materialengpässe und steigende Preise an. Im Zuge des Post-Corona-Aufschwungs haben sich Güter und Rohstoffe auf vorgelagerten Stufen der Wertschöpfung auf Sicht von zwölf Monaten im Durchschnitt so stark verteuert wie seit der Ölkrise Anfang der 1980er Jahre nicht. Das signalisieren die bei Erzeugern und Importeuren ermittelten Teuerungsraten (siehe BZ vom 21. Juli). Ökonomen sind uneins, inwiefern dieser Inflationsdruck auf die Verbraucherpreise durchschlagen wird – und ob dies die Inflationsrate im Euroraum über dieses Jahr hinaus treiben wird. Europäische Zentralbank (EZB) und Bundesbank halten höhere Inflationsraten für vorübergehend.
Die Signale eines steigenden Preisdrucks nehmen insbesondere auf Seiten der Unternehmen zu. Das gilt inzwischen branchenübergreifend und für eine Reihe von Rohstoffen und Vorprodukten, die für unterschiedliche Industriezweige von Automobil über Bau bis Verpackungsindustrie von großer Bedeutung sind. Branchen- und Unternehmensvertreter verweisen etwa auf stark gestiegene Preise für Stahl, Aluminium, Plastik und Holz.
Weil Bleche knapp sind, verteuern sich Konserven, Marmeladengläser und Kronkorken. Lebensmittelverarbeiter allein können die steigenden Kosten nach Ansicht des Bundesverbands der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie (BOGK) nicht auffangen. Es sei daher schwer vorstellbar, dass sich die „Verwerfungen am Ende nicht auch auf die Verbraucherpreise auswirken werden“.
Reifenhersteller stellen Kunden auf „spürbare Preiserhöhungen“ für Winterreifen ein, weil der Preis für Naturkautschuk im ersten Halbjahr um mehr als die Hälfte zum Vorjahr gestiegen sei. Der Reifenfachhandel müsse Preissteigerungen laut einem Sprecher „voll an private wie gewerbliche Verbraucher weitergeben“. Auch die jüngsten Einkaufsmanagerindizes für Euroland unterstreichen das Phänomen der Preisschübe.