ITALIEN

Rom auf Konfrontationskurs

Italiens Premierminister Giuseppe Conte will zwar ein Defizitverfahren gegen sein Land vermeiden. In seinem Brief an die EU-Kommission gibt er sich deshalb auch gesprächsbereit und konziliant. Doch in der Sache bleibt der parteilose Regierungschef...

Rom auf Konfrontationskurs

Italiens Premierminister Giuseppe Conte will zwar ein Defizitverfahren gegen sein Land vermeiden. In seinem Brief an die EU-Kommission gibt er sich deshalb auch gesprächsbereit und konziliant. Doch in der Sache bleibt der parteilose Regierungschef schon wegen des auf Krawall gebürsteten Vizepremiers und starken Lega-Chefs Matteo Salvini hart: Italien halte an seiner Wirtschaftspolitik fest und strebe eine Änderung der EU-Regeln an.Das ist dreist. Denn das Statistikamt Istat erwartet für das zweite Quartal einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts – trotz oder wegen der expansiven Wirtschaftspolitik der Regierung. Es kommt hinzu, dass Brüssel Italien trotz ständiger Verstöße in den letzten Jahren wiederholt entgegengekommen ist und das Land die dank der EU lange Zeit niedrigen Zinsen nicht für Reformen genutzt hat.Conte und der ebenfalls parteilose Wirtschafts- und Finanzminister Giovanni Tria haben den EU-Partnern nicht nur nichts zu bieten. Salvini und sein Koalitionspartner Luigi Di Maio von den 5 Stelle gießen sogar noch Öl ins Feuer. Während Salvini auf die Realisierung einer Flat Tax dringt, um die Wirtschaft zu beleben, und von Mini-Bonds, einer Art Parallelwährung zum Euro, faselt, will Di Maio einen Mindestlohn von 9 Euro in Italien einführen – angesichts der geringen Produktivität viel zu viel. Zudem attackiert Salvini seinen Lieblingsfeind Frankreich, dem er zu Recht vorwirft, regelmäßig gegen EU-Regeln zu verstoßen, attackiert die deutschen Handelsbilanzüberschüsse und biedert sich US-Präsident Donald Trump als dessen Europa-Statthalter an.Die Verstöße Italiens sind so klar, dass die scheidende EU-Kommission eigentlich gar nicht anders kann, als der Drohung Taten folgen zu lassen und ein Defizitverfahren einzuleiten. Ob es dazu aber im üblichen Brüsseler Geschacher tatsächlich kommt, ist offen. Schließlich hat Italien bei der Neubesetzung von Posten in der EU-Kommission und wichtigen Weichenstellungen in der EU mitzureden und dürfte sich die Unterstützung der einen oder anderen Seite teuer bezahlen lassen.Zum Schaden Europas. Vielleicht tut die Koalition in Rom der EU einen Gefallen und bricht auseinander, was angesichts der permanenten Regierungskrise nicht auszuschließen ist. Das aber brächte kaum Entspannung. Angesichts der großen Zustimmung für Salvini, dem eine Auseinandersetzung mit Brüssel innenpolitisch womöglich nützlich ist, droht dann eine Regierung mit einer noch stärkeren Lega. Einfacher würde es damit nicht für Europa.