Rom denkt über Verstaatlichungen nach

Mögliche Auffangholding für Krisenunternehmen

Rom denkt über Verstaatlichungen nach

bl Mailand – Angesichts der wachsenden ökonomischen Probleme denkt Rom über Verstaatlichungen nach. Innerhalb der Regierung gibt es ernsthafte Überlegungen, eine Auffangholding für die schwer angeschlagene Fluggesellschaft Alitalia, das Ex-Ilva-Stahlwerk von Taranto sowie das Autobahn- und womöglich das Wassernetz zu bilden.Industrieminister Stefano Patuanelli sagte der Zeitung “Il Sole 24 Ore”, die Bildung einer neuen Iri dürfe kein Tabu sein, “wenn es hilft, unsere nationale Industrie und unsere Unternehmen zu schützen”. Iri steht für “Istituto per la Ricostruzione Industriale” und wurde 1933 im faschistischen Italien gegründet, um Banken und Privatunternehmen aufzufangen, umzustrukturieren und zu finanzieren. In der Nachkriegszeit war es eines der größten Unternehmen weltweit, mit Engagements in Industrie, Banken und Infrastruktur. Iri wurde erst 2000 aufgelöst.Solche Pläne dürften bei der EU auf großen Widerstand stoßen. Die Überlegungen sind wohl Ausdruck der Verzweiflung in Rom. Premierminister Giuseppe Conte musste eingestehen, dass es mangels Interessenten “keine marktwirtschaftliche Lösung für Alitalia” gibt.Im Hinblick auf den Weiterbetrieb des Stahlwerks in Taranto ist eine Lösung mit dem Betreiber Arcelor-Mittal wahrscheinlicher geworden. Man prüfe verschiedene Optionen, so Patuanelli. Klar scheint, dass ein Weiterbetrieb des als strategisch betrachteten Werks nur mit einer staatlichen Beteiligung realistisch ist.Angesichts des dramatischen Zustandes vieler Autobahnbrücken rückt ein Entzug der Konzession des Autobahnbetreibers Atlantia beziehungsweise deren Tochter Autostrade immer stärker in den Bereich des Möglichen. Conte kündigte eine baldige Entscheidung ohne falsche Kompromisse an. Vermutlich würde der Staat dann den Betrieb übernehmen. Bei einem Entzug der Konzession drohen jedoch gewaltige Schadenersatzforderungen. Die Verkehrsministerin kündigte kurzfristig Investitionen von 950 Mill. Euro an, vor allem für Brücken und Straßen.