Rom fordert Coronavirus-Eurobonds

Premierminister Conte appelliert angesichts der dramatischen Zuspitzung in Italien an die EU-Partner

Rom fordert Coronavirus-Eurobonds

Angesichts der Zuspitzung der Coronavirus-Pandemie in Italien fordert Premierminister Giuseppe Conte eine europäische Antwort. Ihm schwebt ein gemeinsamer Gesundheitsfonds vor, der über Eurobonds finanziert wird. Es zeichnet sich eine Verlängerung und Verschärfung der bisherigen Maßnahmen ab.bl/rec Mailand – Italiens Regierungschef Giuseppe Conte appelliert an die europäischen Partner, dringend eine gemeinsame Antwort auf die Coronavirus-Pandemie zu finden. Ihm schwebt ein europäischer Gesundheitsfonds zur Finanzierung der hohen Ausgaben bei der Bekämpfung der Viruserkrankung vor. Finanziert werden solle dies durch die Ausgabe europäischer Anleihen. “Es ist eine außerordentliche Krise”, sagte Conte und fügte in Anlehnung an Ex-EZB-Chef Mario Draghi hinzu: “Darauf müssen wir mit außerordentlichen Mitteln antworten nach der Logik des ,Whatever it takes'”.Angelaufen ist offenbar Hilfe von Seiten des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB), zu der auch die italienische Notenbank gehört. Die Banca d’Italia habe begonnen, italienische Wertpapiere aufzukaufen, um die Anleihemärkte zu stützen, meldete die Nachrichtenagentur Reuters mit Verweis auf Notenbankkreise in Rom. Die Risikoaufschläge für italienische Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit sind am Mittwoch auf bis zu 330 Basispunkte gestiegen, den höchsten Stand seit November 2018. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat vorige Woche zusätzliche Anleihekäufe im Volumen von 120 Mrd. Euro beschlossen und angekündigt, diese flexibel einzusetzen. Für Nervosität an den Märkten hatte eine Äußerung von EZB-Präsidentin Christine Lagarde gesorgt, die EZB sei nicht dazu da, “Spreads zu schließen”. 25-Mrd.-Euro-HilfspaketDie Lage in Italien spitzt sich zu. Im wirtschaftsstarken Norden droht ein Zusammenbruch des Gesundheitssystems. Es fehlen Masken, Beatmungsgeräte und Betten für die Intensivtherapie sowie Personal. Immer mehr Mediziner und Pflegepersonal infizieren sich. Und in Süditalien, dessen Gesundheitssystem schon im Normalfall überfordert ist, häufen sich die Fälle. Einzelne Gebiete in Kampanien und Kalabrien wurden abgeriegelt.Attilio Fontana, Präsident der Lombardei, kündigte ein härteres Vorgehen gegen die zahlreichen Verstöße gegen die Ausgangssperre an. Sollten die Neuansteckungen bis Sonntag nicht zurückgehen, müsse man Patienten abweisen. Fontana appellierte an pensionierte Mediziner und Pflegepersonal, zu helfen.Die Regierung hat ein Paket von 25 Mrd. Euro mit Hilfen für Unternehmen, Haushalte und das Gesundheitswesen verabschiedet. Verkehrs- und Infrastrukturministerin Paola De Micheli hält eine Verlängerung und Verschärfung der derzeit bis 3. April terminierten Ausgangssperre für wahrscheinlich. Vermutlich werden künftig auch Sport im Freien und Spaziergänge untersagt. Geplant ist eine verstärkte Überwachung der Telefone. Die Polizei erfasste bereits mehr als 40 000 Verstöße gegen die strengen Regeln.Die Wirtschaft wird zunehmend lahmgelegt. Bei Amazon in der Nähe von Piacenza in der Emilia-Romagna kam es zu wilden Streiks, weil Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten werden und Schutzmasken fehlen. Auch bei anderen Unternehmen ist die Lage nach wie vor angespannt. Nicht nur einige Großbetriebe, auch viele Mittelständler haben zugesperrt, weil sie die Sicherheitsvorschriften, etwa Mindestabstände zwischen den Beschäftigten, nicht einhalten können.Goldman Sachs erwartet für Italien 2020 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 3,4 %. Unterdessen wird der Ruf nach Verstaatlichungen lauter. Die Regierung hat die Pleite-Airline Alitalia verstaatlicht und greift ihr mit weiteren 600 Mill. Euro unter die Arme. Der Geheimdienst fürchtet die Übernahme der Kontrolle strategisch wichtiger Unternehmen durch ausländische, vor allem chinesische Firmen und will dies durch schärfere Instrumente verhindern. Die Börsenaufsicht Consob hat Leerverkäufe verboten und Meldepflichten beim Erwerb von Beteiligungen verschärft.