Rom stoppt Firmen-Übernahme aus China
bl/rec Mailand/Frankfurt
Italiens Regierung hat erstmals von ihrem Vetorecht gegen die Übernahme eines italienischen Unternehmens im Rahmen der Golden-Power-Regelung Gebrauch gemacht. Premierminister Mario Draghi untersagte der chinesischen Shenzhen-Investment-Holding die Akquisition eines 70-prozentigen Anteils des im Bereich der Halbleiterfertigung tätigen Unternehmens Lpe SpA aus der Nähe von Mailand. Zuletzt hatte eine italienische Regierung 2012 den Kauf eines Rüstungsunternehmens durch die französische Altran verhindert.
Draghi begründete das Verbot mit „strategischen Interessen“ und nannte Engpässe etwa in der Autoindustrie bei der Versorgung mit elektronischen Bausteinen und Halbleitern. Industrieminister Giancarlo Giorgetti von der rechtsnationalen Lega sprach von einem „außerordentlichen Risiko“ für öffentliche Interessen. Lpe, gegründet 1972, stellt kristalline Strukturen und Verbindungen für die Halbleiterbranche her und kam 2019 bei einem Umsatz von 28 Mill. Euro auf einen Nettogewinn von 7 Mill. Euro. Etwa die Hälfte des Umsatzes wird in China erzielt.
Auch Berlin greift durch
Unter ähnlichen Kalkülen hat auch die deutsche Bundesregierung die Übernahme von Firmen durch chinesische Investoren erschwert. Mehrmals hat sie zu diesem Zweck in den vergangenen Jahren ihre Investitionskontrolle über die sogenannte Außenwirtschaftsverordnung verschärft. Hintergrund sind Sorgen über einen zunehmenden Abfluss von Technologie und Know-how in die Volksrepublik. Als Alarmsignal werteten Beobachter etwa die Übernahme des Augsburger Roboterbauers Kuka durch einen Investor aus China im Jahr 2016.
Im Dezember machte die Bundesregierung erstmals von ihren erweiterten Befugnissen in der Investitionskontrolle Gebrauch, indem sie die Übernahme von IMST durch den chinesischen Staatskonzern Casic verbot. Sie begründete dies mit „tatsächlichen und schwerwiegenden Gefahren“ für die öffentliche Ordnung und Sicherheit Deutschlands. Der Mittelständler IMST aus Kamp-Lintfort ist auf Komponenten für Kommunikationstechnologien spezialisiert. Im Herbst hatte die Bundesregierung bereits der börsennotierten Mynaric aus München verboten, Geräte zur Laserkommunikation nach China zu liefern.
Der jetzige Schritt der italienischen Regierung ist nicht überraschend. Die mehrheitlich staatliche Förderbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP), die maßgeblichen Beteiligungen an führenden Unternehmen wie ENI, Fincantieri, TIM, der Post und Italgas hält, hat zuletzt Beteiligungen am Zahlungsdienstleister Nexi erworben und steht vor dem Einstieg bei Euronext und der Autobahngesellschaft Aspi. Die Regierung hat sie mit weiteren 44 Mrd. Euro für den Kauf von Beteiligungen ausgestattet. Außerdem erwirbt Rom für 1,1 Mrd. Euro 60% am defizitären Amco-Stahlwerk in Taranto und will die Pleite-Airline Alitalia mit weiteren Milliardenbeträgen unterstützen.
Industrieminister Giorgetti kündigte an, die gerade erst ausgeweitete Golden-Power-Regel auf weitere Sektoren ausdehnen zu wollen, vor allem um Käufer aus Ländern wie China auszubremsen. Er bezeichnete EU-weite Regeln, die staatliche Interventionen begrenzen, als „anachronistisch und selbstzerstörerisch“ und will darauf drängen, dass diese gelockert werden.