Rom sucht Kompromiss mit Brüssel

Regierung signalisiert Entgegenkommen - Defizit von rund 2 Prozent anvisiert

Rom sucht Kompromiss mit Brüssel

bl Mailand – Italiens Premierminister Giuseppe Conte sucht weiter einen Kompromiss mit der EU-Kommission zum italienischen Haushalt. Er zeigte sich gestern optimistisch, eine Lösung zu finden, die sowohl die Absenkung des Renteneintrittsalters auf 60 bis 62 Jahre erlaubt als auch ein Festhalten an der monatlichen Grundsicherung von 780 Euro. Vizepremier und 5-Stelle-Chef Luigi Di Maio äußerte sich ähnlich positiv.Di Maio und Lega-Chef sowie Vizepremier Matteo Salvini haben Conte weitgehend freie Hand für die Verhandlungen mit Brüssel gegeben. Dabei umgingen sie erneut die Befugnisse von Wirtschaftsminister Giovanni Tria, der innerhalb der Regierung mehr und mehr isoliert erscheint und Rücktrittsgedanken hegen soll. Die Regierung in Rom strebt inzwischen ein Defizit von um die 2 % im Haushalt für 2019 an, der nach einigen Änderungen vermutlich am heutigen Donnerstag im Abgeordnetenhaus verabschiedet wird. Bis dato war im Budget ein Haushaltsfehlbetrag von 2,4 % vorgesehen – wobei eine aus Brüsseler Sicht viel zu optimistische Wachstumsannahme zugrundegelegt wird. Tria hatte von Anfang an für ein Defizit von unter 2 % plädiert, sich mit diesem Ansinnen jedoch innerhalb der Regierung nicht durchgesetzt. Italiens Wirtschaft in SorgeConte bemüht sich auch, das angespannte Verhältnis zur Wirtschaft zu verbessern. Er versicherte, die Regierung stehe der Wirtschaft nahe und plane Wachstumsimpulse sowie eine Verbesserung der Rahmenbedingungen. Außerdem seien Investitionen von 20 Mrd. Euro in den nächsten drei Jahren vorgesehen.Vor allem die Unternehmer im Norden des Landes sind höchst aufgebracht. Mehr als 3 000 von ihnen demonstrierten diese Woche in Turin für den Bau mehrerer schon halb fertiger Infrastrukturprojekte wie der Bahn-Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Turin und Lyon, dem Brenner-Basistunnel oder einer Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen Genua und Mailand sowie verschiedener Autobahnprojekte. Die 5 Stelle blockieren diese Vorhaben. Besorgt sind die Unternehmen auch wegen des hohen Zinsaufschlags für italienische Anleihen, den die Banken in Form höherer Kreditzinsen weitergeben. Investitionen und Exporte sind zuletzt deutlich gesunken, die Arbeitslosigkeit ist gestiegen. Nach einem Minus von 0,1 % im dritten Quartal steht das Land am Rande einer Rezession.Auch das Zurückdrehen der Arbeitsmarktreform von Ex-Premier Matteo Renzi sowie die Einrichtung der im internationalen Vergleich sehr hohen Mindestsicherung, die zudem kaum Anreize zur Aufnahme einer Beschäftigung enthält, stoßen in Unternehmerkreisen auf massive Kritik.