Rom weitet Wirtschaftshilfen stark aus
bl Mailand
Noch in dieser Woche, vermutlich am heutigen Donnerstag, bringt Italiens Regierung einen weiteren Nachtragshaushalt mit einer Neuverschuldung von mindestens 40 Mrd. Euro auf den Weg. Letzte Details dazu werden nach einer Kabinettssitzung zu dem Thema am gestrigen Mittwoch noch geklärt.
Es ist bereits das zweite Stützungspaket in der erst knapp zweimonatigen Amtszeit von Premierminister Mario Draghi. Ein erster Nachtragshaushalt über 32 Mrd. Euro war erst vor zwei Wochen verabschiedet worden. Nicht auszuschließen ist, dass das Maßnahmenpaket noch ausgeweitet wird. Lega-Chef Matteo Salvini fordert ein Volumen von mindestens 50 Mrd. Euro, die Berlusconi-Partei Forza Italia 20 Mrd. Euro pro Monat. Die Mittel sollen vor allem dem Tourismus sowie der Gastronomie und Hotellerie zugutekommen. Draghi reagiert damit auf die schlechte Wirtschaftsentwicklung und wachsende Proteste von Kleinunternehmern im ganzen Land. Notenbankchef Ignazio Visco rechnet für dieses Jahr nur mehr mit einer Wachstumsrate von 4% statt der bisher angenommenen 6%.
Gleichzeitig setzt die Regierung auf Öffnungen ab Mai. „Der Mai wird der Monat des Neustarts für alle Wirtschaftsbereiche sein. Alle Ministerien sind mit der Vorbereitung von Sicherheitsprotokollen beschäftigt, dank deren der Tourismus, Kulturevents und Messen wieder starten können“, sagte Regionenministerin Mariastella Gelmini. Vor allem die nächtliche Ausgangssperre ab 22 Uhr könnte gelockert werden und Restaurants sowie Cafés zumindest im Außenbereich öffnen dürfen. Formell sollen Entscheidungen dazu nächste Woche fallen. Draghi hat aber wiederholt deutlich gemacht, dass Öffnungen von der Entwicklung der Corona-Pandemie abhängig sind. Verzögerungen bei der Impfstoffversorgung könnten die Mai-Öffnungen noch in Frage stellen.
Durch die neuen Maßnahmen wird das Defizit 2021 voraussichtlich 11% erreichen – nach 9,5% im vergangenen Jahr. Die Verschuldung dürfte auf 160% oder mehr steigen. In der kommenden Woche will Draghi auch die Maßnahmen im Rahmen des Europäischen Wiederaufbauprogramms vorstellen. Rom muss Brüssel bis Ende April entsprechende Vorschläge vorlegen. In Ergänzung zu den europäischen Mitteln von mehr als 200 Mrd. Euro will Draghi auf nationaler Ebene weitere 30 Mrd. Euro bis 2026 bereitstellen.
Industrieminister Giancarlo Giorgetti hat ferner Pläne erarbeitet, die die Interventionsmöglichkeiten der mehrheitlich staatlichen Förderbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP) deutlich ausweiten. Die CDP soll künftig, zusammen mit privaten Investoren, leichter Beteiligungen an Unternehmen mit mehr als 50 Mill. Euro Umsatz erwerben können. Die Interventionsmöglichkeiten beziehen sich auf die Sektoren Verarbeitende Industrie, Maschinenbau, Mode und Design, Lebensmittelindustrie, Handel, Logistik, Infrastrukturen und Bauindustrie – und damit auf den größten Teil der italienischen Volkswirtschaft.
Die Regierung hatte der CDP, die bereits an einer Vielzahl von Unternehmen wie Eni, der Post, Fincantieri, Italgas, Telecom Italia, Nexi sowie demnächst der Börse Euronext und dem Autobahnbetreiber Aspi beteiligt ist, kürzlich weitere 40 Mrd. Euro für den Erwerb von Unternehmensanteilen zur Verfügung gestellt.