Rückschlag für Impfkampagne
BZ Frankfurt
Nach mehreren anderen europäischen Ländern unterbricht nun auch Deutschland den Einsatz des Covid-19-Impfstoffs von AstraZeneca. Aufgrund einer aktuellen Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts setze die Bundesregierung die Erst- und Zweitimpfungen mit AstraZeneca vorsorglich aus, teilte das Bundesgesundheitsministerium am Montag mit. Impfzentren in Berlin schlossen. Auch Italien und Frankreich legten nach Absprache mit der Bundesregierung die Impfungen mit AstraZeneca auf Eis. Am Abend folgte Spanien. „Die Entscheidung heute ist eine reine Vorsichtsmaßnahme“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). „Uns allen ist die Tragweite dieser Entscheidung sehr bewusst, und wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht.“
EMA entscheidet Donnerstag
Der Fokus richtet sich nun auf die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA), die für die Zulassung der Impfstoffe zuständig ist. Sie hat bisher nach eigenen Angaben keinen Zusammenhang zwischen Thrombose-Fällen und dem AstraZeneca-Impfstoff festgestellt. Die Prüfung der Fälle werde aber fortgesetzt, teilte die EMA am Montag in Amsterdam mit. Die Sicherheitsexperten wollten am Donnerstag über mögliche weitere Schritte entscheiden.
Das Paul-Ehrlich-Institut hält nach neuen Meldungen von Thrombosen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung in Deutschland und Europa weitere Untersuchungen für notwendig. Es gebe eine auffällige Häufung einer speziellen Form von sehr seltenen Hirnvenenthrombosen in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen und Blutungen, erklärte das Bundesinstitut für Impfstoffe.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach kritisierte die Entscheidung. „Auf der Grundlage der vorliegenden Daten halte ich das für einen Fehler“, schrieb er auf Twitter. „Die Prüfung ohne Aussetzung der Impfung wäre wegen der Seltenheit der Komplikation besser gewesen. In der jetzt Fahrt aufnehmenden 3. Welle wären die Erstimpfungen mit dem AstraZeneca-Impfstoff Lebensretter.“
Für die ohnehin zäh laufende Impfkampagne in Deutschland ist die Aussetzung ein herber Rückschlag. Denn damit stehen zunächst nur die Vakzine von Biontech/Pfizer und Moderna zur Verfügung. In der vergangenen Woche war zwar auch das Mittel von Johnson & Johnson in der EU zugelassen worden, die Auslieferungen sollen aber erst in der zweiten Aprilhälfte beginnen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rief dazu auf, die Impfungen mit dem Mittel fortzusetzen. „Bis heute gibt es keine Hinweise darauf, dass die Vorfälle durch den Impfstoff verursacht werden, und es ist wichtig, dass die Impfkampagnen fortgesetzt werden, damit wir Leben retten und schwere Krankheiten durch das Virus eindämmen können“, hieß es.