Sánchez bildet Minderheitsregierung

Der Sozialist erreicht im zweiten Durchgang die Wiederwahl zum spanischen Ministerpräsidenten

Sánchez bildet Minderheitsregierung

Nach zehn Monaten und zwei Parlamentswahlen hat Spanien wieder eine voll handlungsfähige Regierung. Pedro Sánchez wird mit den Linken von Unidas Podemos die erste Koalitionsregierung seit Ende der Diktatur anführen. Die katalanischen Separatisten von ERC sind entscheidend für die Stabilität der Exekutive.ths Madrid – Die Sorge der spanischen Sozialisten des PSOE vor einer bösen Überraschung durch Abweichler in der letzten Minute blieb unbegründet. Ihr Kandidat Pedro Sánchez wurde am Dienstag mit einer hauchdünnen Mehrheit im zweiten Anlauf, bei dem eine einfache Mehrheit im Parlament genügt, zum Ministerpräsidenten wiedergewählt. Im Unterhaus stimmten 167 der 350 Abgeordneten für den Sozialisten, 165 waren dagegen, 18 enthielten sich.Der PSOE wird nun mit der Linkspartei Unidas Podemos regieren, die erste Koalition auf nationaler Ebene seit Wiederkehr der Demokratie vor mehr als 40 Jahren. “Die Alternative ist: entweder eine progressive Regierung oder mehr politischer Stillstand für Spanien”, erklärte Sánchez. In der Tat scheint nach der aggressiven Parlamentsdebatte eine Zusammenarbeit zwischen den Sozialisten und der konservativen Volkspartei (PP) außer Frage.Die rechte Opposition wirft Sánchez vor, die Einheit des Landes zu gefährden, da er bei der Wiederwahl auf die Enthaltung der katalanischen und baskischen Separatisten angewiesen war. Der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC), die derzeit den moderaten Part im Lager der “independentistas” spielt, sicherte der Ministerpräsident Verhandlungsrunden zwischen den Regierungen in Madrid und Barcelona zu, um den “politischen Konflikt” um die Abspaltungsbewegung zu lösen. Worum es bei diesen Verhandlungen genau gehen wird, ist nicht klar. Sánchez lehnt jedoch die Forderung der Separatisten nach einem Unabhängigkeitsreferendum eindeutig ab. ERC hat anerkannt, dass die Separatisten unmöglich ihr Ziel eines eigenen Staates durchsetzen können, solange gerade einmal die Hälfte der Katalanen für die Unabhängigkeit ist.Für den Oppositionsführer Pablo Casado von der PP handelt es sich um “die radikalste Regierung aller Zeiten”. Die Konservativen wollen alle möglichen legalen Mittel ausschöpfen, um Sánchez so schnell wie möglich zu stürzen, bekundete er. Auch die nationalliberale Ciudadanos und die rechtsextreme Vox setzen auf totale Konfrontation mit der Linksregierung. Kurswechsel versprochenSánchez verspricht einen wirtschaftspolitischen Kurswechsel mit mehr Staatsausgaben für Gesundheit und Bildung, finanziert durch gewisse Steuererhöhungen. So soll der Satz für Einkommen ab 130 000 Euro im Jahr angehoben werden, Großunternehmen sollen unabhängig von Abschreibungsmöglichkeiten mindestens 15 % ihres Gewinns versteuern. Auch eine Finanzmarkttransaktionssteuer nach französischem Vorbild ist vorgesehen. Zudem wollen die Linken den Mindestlohn auf 60 % des Durchschnittsgehaltes erhöhen. Eine Mietpreisbremse ist ebenso geplant wie deutlich größere Anstrengungen zum Klimaschutz.Spanien wird seine Verpflichtungen gegenüber dem europäischen Stabilitätspakt einhalten, hat Sánchez immer bekundet. Als Garant dafür wird die angesehene Wirtschaftsministerin Nadia Calviño zu einer der stellvertretenden Ministerpräsidenten gemacht. Auch Podemos-Chef Pablo Iglesias wird einen Stellvertreterposten übernehmen mit Kompetenzen in der Sozialpolitik. Unidas Podemos bekommt vier weitere Ministerien: Arbeit, Gleichberechtigung, Verbrauch und Hochschulen. Bereits auf der ersten Kabinettssitzung am Freitag will man erste Maßnahmen verabschieden.Eine dringende Aufgabe ist ein neuer Haushalt. Denn in Spanien gilt wegen der langen Blockade immer noch der letzte Finanzplan der konservativen Vorgängerregierung von 2018. Der Haushalt dürfte auch die erste Nagelprobe dafür sein, ob die linke Minderheitsregierung auch in Zukunft auf die notwendige Unterstützung der Nationalisten und Separatisten zählen kann.