"Sandy" legt US-Ostküste lahm

Millionen Menschen evakuiert - Milliardenschäden erwartet - Nyse mit erster Zweitagespause seit 1888

"Sandy" legt US-Ostküste lahm

Die Ostküste der USA ist festim Griff von Hurrikan “Sandy”. Millionen Menschen wurden bereits zwangsevakuiert. Der öffentliche Nahverkehr steht still. Börsen und Unternehmen haben geschlossen. Sogar die Präsidentschaftskandidaten unterbrechen ihren Wahlkampf wenige Tage vor der Wahl. Wie bei Hurrikan “Irene” im Vorjahr wird erneut mit Milliardenschäden gerechnet.Von Sebastian Schmid, New YorkWährend sich Millionen Menschen aus küstennahen Gebieten von North Carolina bis Rhode Island vor dem als Jahrhundertsturm bezeichneten Hurrikan “Sandy” in Sicherheit bringen, legt auch die Wirtschaft eine Zwangspause ein. Die drei großen US-Börsen Nasdaq, New York Stock Exchange (Nyse) und CME blieben am Montag geschlossen, auch wenn der elektronische Handel teils möglich war. Die Nyse kündigte am Montagmittag an, dass in Absprache mit den anderen Börsen am Dienstag erneut nicht gehandelt werde. Für die New Yorker Börse ist es die erste wetterbedingte zweitägige Zwangspause seit 1888. Damals hatte ein Wintersturm bis zu zwölf Meter hohe Schneeverwehungen in Manhattan zur Folge. Banker arbeiten zu HauseZahlreiche Unternehmen in der Region bieten ihren Mitarbeitern Ähnliches an oder haben sogar ganz geschlossen. Zudem haben mehrere Großkonzerne die Vorlage ihrer Quartalszahlen verschoben. So will unter anderem Pfizer statt am Dienstag nun am Donnerstag berichten. Thomson Reuters hat die Quartalszahlenvorlage von Dienstag auf Freitag verlegt. “Am wichtigsten ist, dass sich unsere Mitarbeiter, Aktionäre und anderen Teilhaber während des bevorstehenden Sturms auf ihre Sicherheit konzentrieren. Wir werden die Zahlen zum dritten Quartal am Freitag bekannt geben”, begründete Thomson-Reuters-CEO James C. Smith seine Entscheidung, die Zahlenvorlage zu verlegen. Auch der Stromanbieter NRG hat seine Zahlenvorlage wegen des Sturms von Mittwoch auf Freitag verschoben.Auch der Präsidentschaftswahlkampf steht still. Präsident Barack Obama und Herausforderer Mitt Romney haben wegen des Sturms sämtliche Wahlkampfaufritte am Montag und Dienstag abgesagt. US-Medien spekulieren dennoch, wem dieser Sturm politisch nutzen dürfte. Überwiegend wird erwartet, dass dies Mitt Romney hilft, da Barack Obama mehr Wähler aus ärmeren Bevölkerungsschichten anzieht, denen der Sturm besondere Probleme bereiten dürfte. Die lokalen Behörden haben derweil zahlreiche Vorkehrungen getroffen, um das Ausmaß der Sturmfolgen möglichst gering zu halten. Während Millionen Bewohner der Küstenstreifen evakuiert wurden, kam auch der öffentliche Nahverkehr in zahlreichen Städten im Nordosten der USA ab Sonntagabend zum Stillstand. Auch der Flugverkehr war wegen des Hurrikans USA-weit beeinträchtigt, nachdem allein in und aus der Region bis Montagmittag bereits knapp 9 000 Flüge gestrichen worden waren.Die Schätzungen der möglichen Schäden durch “Sandy” gehen allein für die Versicherungswirtschaft von bis zu 20 Mrd. Dollar aus – die sonstigen Kosten des Sturms gar nicht mitgerechnet. Die Analysten von J.P. Morgan Cazenove rechnen mit Schäden im Bereich zwischen Hurrikan “Irene”, der 5,3 Mrd. Dollar gekostet hat, und Hurrikan “Ike”, der auf 20 Mrd. Dollar kam. Der Größe nach sei “Sandy” zwar eher vergleichbar mit Hurrikan “Ike”. Dieser sei aber mit höheren Windgeschwindigkeiten an Land eingetroffen.