Scharfe Kritik an US-Konjunkturpaket
det Washington
Der frühere US-Finanzminister Lawrence Summers hat scharfe Kritik an Präsident Joe Bidens 1,9 Bill. Dollar schwerem Konjunkturpaket geübt, das die Folgen der Coronakrise lindern soll. Bei dem Gesetz, welches von beiden Kammern des Kongresses mit knappen Mehrheiten verabschiedet wurde, handele es sich um „die unverantwortlichste Wirtschaftspolitik in 40 Jahren“ sagte Summers in einem Fernsehinterview. Das Maßnahmenbündel könnte eine Inflationsspirale in Gang setzen und die Wirtschaft in die nächste Rezession führen, glaubt der Volkswirt.
Der Nationalökonom, der als Neokeynesianer gilt und selbst ein registrierter Demokrat ist, ging mit seinen Parteifreunden hart ins Gericht. Getrieben worden sei das Konjunkturpaket „von der Unnachgiebigkeit seitens des linken Parteiflügels“. Progressive Demokraten hatten neben einer Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns, die schließlich aus dem Gesetzeswerk gestrichen wurde, auf zu vielen unnötigen Maßnahmen bestanden, die angesichts der einsetzenden Erholung nicht mehr notwendig gewesen seien. Summers sparte aber auch nicht mit Kritik an dem „völlig unvernünftigen Verhalten“ der republikanischen Opposition, die sowohl im Senat als auch dem Repräsentantenhaus das Hilfspaket einstimmig ablehnte.
Denkbar sei nun, dass sich als Folge einer konjunkturellen Überhitzung während der kommenden Jahre die Inflation deutlich beschleunigt. Für ein wahrscheinlicheres Szenario hält Summers allerdings einen Kurswechsel seitens der US-Notenbank. Er rechnet damit, „dass die Fed auf die Bremse tritt, die Märkte destabilisiert und die Wirtschaft an den Rand einer Rezession treibt“. Während die Wirtschaftspolitik in der Vergangenheit darauf abgezielt habe, stabilisierend zu wirken, drohe sie nun „düstere Folgen“ zu haben und könnte zu einer Stagnation oder gar Stagflation führen, so der ehemalige Direktor des Nationalen Wirtschaftsrats (NEC) unter Präsident Barack Obama.
Summers hatte schon zuvor darauf hingewiesen, dass das Maßnahmenbündel zusammen mit dem im Dezember verabschiedeten Konjunkturpaket mehr als das Dreifache jener Nachfrage darstelle, die notwendig sei, um die Produktionslücke zu schließen. Auch hatte er gewarnt, dass das Gesetz den Wert des Dollar beeinträchtigen und die Finanzstabilität gefährden würde.
Andere politisch liberale Ökonomen loben das Konjunkturpaket und meinen, dass der hohe Preis und die Folgen für die wachsenden Staatsschulden zumindest vorläufig als zweitrangig zu betrachten seien. Nobelpreisträger Paul Krugman verglich die jüngste Rezession mit einer „Naturkatastrophe“ und einem „Krieg“. In einer solchen Situation sollten Politiker nicht über das Preisschild nachdenken, sondern sich vielmehr fragen: „Was müssen wir tun, um den Krieg zu gewinnen?“, betont Krugman.