CHINA

Schmutziger Trade-off

Chinas Wirtschaftsplaner ziehen dieser Tage Bilanz und zeigen sich recht zufrieden: Das Wachstumsziel wurde erreicht, die dunklen Wolken am Konjunkturhimmel sind verflogen, weil in der Schwerindustrie und im Rohstoffsektor ein frischer Wind weht. In...

Schmutziger Trade-off

Chinas Wirtschaftsplaner ziehen dieser Tage Bilanz und zeigen sich recht zufrieden: Das Wachstumsziel wurde erreicht, die dunklen Wolken am Konjunkturhimmel sind verflogen, weil in der Schwerindustrie und im Rohstoffsektor ein frischer Wind weht. In der breiten Bevölkerung hätte man sich allerdings einen weniger rußigen Start ins neue Jahr gewünscht.In den vergangenen Wochen hat sich Chinas berüchtigte Smogproblematik erbarmungslos zurückgemeldet. Auf sozialen Netzwerken beschäftigt man sich angesichts horrender Luftverschmutzungswerte mit klassischen Abhilfemaßnahmen wie Schutzmasken und häuslichen Luftfiltern und allerlei abstrusen Ideen, wie etwa turmhohen Luftreinigungsgeräten im Freien oder gar den Einsatz von ausgedienten Flugzeugtriebwerken, um Dreckluft gezielt wegzupusten. In Pekings Schaltzentralen aber muss man sich mit der tiefer gehenden Frage zur Wechselwirkung von staatlicher Konjunkturanregung und Umweltverschmutzung beschäftigen.Es hapert bei der Umsetzung eines Wirtschaftsmodells, das ein moderateres, aber dafür nachhaltigeres und “qualitativ höherwertiges” Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bedingt. Zur Lebensqualität tragen aber nicht nur Wohlstandsmehrung, sondern auch Umweltfaktoren bei. Kürzlich verkündete das Umweltministerium eine sichtliche Verbesserung der Luftqualität im Jahr 2016, was niemand so recht glauben mag. Dann wurde doch konzediert, dass zumindest seit Herbst die Zahl der Tage mit guter Luftqualität deutlich gesunken ist.Wie eng die staatlich gelenkte Feinsteuerung der Konjunktur mit der Feinstaubbelastung korreliert ist, sei dahingestellt. Man sieht aber, dass die im Herbst einsetzende, industriegetriebene Konjunkturbelebung mit neuerlichen Smogwellen korrespondiert. Chinas Wirtschaftslenker mussten kräftig Hand anlegen, um das Wachstumsziel für 2016 zu erreichen. Dazu gehörten Steuerprämien – die zu einer gewaltigen Ankurbelung des Autoabsatzes, aber eben auch der Abgasbelastung führt – sowie eine Renaissance im Stahl- und Kohlesektor.China verkündet zwar stolz gewaltige Investitionspläne für erneuerbare Energien, aber der Kohleverbrauch zur Abdeckung des Energiebedarfs steigt einstweilen munter weiter. Peking sollte seine Wachstumsziele für 2017 flexibler und mit mehr Spielraum nach unten ausgestalten. Denn die ewigen Stimulierungsschübe zur exakten Wahrung von BIP-Vorgaben haben mit echtem qualitativem Wachstum leider nichts zu tun.