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Schnabel erhält Schlüsselressort im EZB-Direktorium

Von Mark Schrörs, Frankfurt Börsen-Zeitung, 4.1.2020 Das neue deutsche EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel erhält in dem Gremium die Zuständigkeit für das zentrale Ressort Marktoperationen. Das teilte die Europäische Zentralbank (EZB) am...

Schnabel erhält Schlüsselressort im EZB-Direktorium

Von Mark Schrörs, FrankfurtDas neue deutsche EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel erhält in dem Gremium die Zuständigkeit für das zentrale Ressort Marktoperationen. Das teilte die Europäische Zentralbank (EZB) am Freitag auf ihrer Internetseite mit. Schnabel, die das Amt am 1. Januar angetreten hatte, übernimmt diese Verantwortung von dem Franzosen Benoît Coeuré, der zum Jahresende, nach Ablauf der achtjährigen Amtszeit, turnusgemäß aus dem Direktorium ausgeschieden war.Die Generaldirektion Marktoperationen spielt eine Schlüsselrolle innerhalb der EZB. Sie ist für die Implementierung der Geldpolitik zuständig. Mehr noch: Nachdem die Leitzinsen nach der Weltfinanz- und der Euro-Schuldenkrise auf oder gar unter 0 % gesenkt worden waren, hatte auch die EZB zu breiten Anleihekäufen (Quantitative Easing, QE) an den Märkten gegriffen. Coeuré gilt als einer der Vordenker hinter dem QE-Programm der EZB. Anfang November hatte die EZB die Ende 2018 zeitweise beendeten Nettokäufe sogar wieder aufgenommen. Aktuell kauft sie für rund 20 Mrd. Euro im Monat neue Papiere, vor allem aber Staatsanleihen. Zentrale Rolle im EZB-RatSchnabel kommt in der Funktion auch bei den geldpolitischen Sitzungen des EZB-Rats eine zentrale Rolle zu. Zu Beginn des Treffens der aktuell 19 nationalen Notenbankchefs und sechs Direktoriumsmitglieder informiert das für Marktoperationen zuständige Direktoriumsmitglied über die jüngsten Finanzmarktentwicklungen, ehe dann der Chefvolkswirt über die wirtschaftliche Entwicklung referiert und einen Vorschlag für die geldpolitische Entscheidung unterbreitet.In der Vergangenheit hatte sich Schnabel mitunter durchaus kritisch zum ultralockeren Kurs der EZB samt QE und insbesondere zu den Folgen für die Banken und die Finanzstabilität geäußert, aber zugleich vor allzu starken und unsachlichen Attacken auf Ex-EZB-Präsident Mario Draghi und die EZB gewarnt – weil das die Glaubwürdigkeit der Notenbank in Zweifel ziehen und möglichen Schaden für den Euro mit sich bringen könne.Interessant ist, dass Schnabel zuletzt betont hatte, dass sie die im September beschlossene, sehr umstrittene Neuauflage der QE-Nettokäufe zu dem Zeitpunkt wohl nicht mitgetragen hätte. “Für mich war nicht so klar, dass man das zu diesem Zeitpunkt machen musste. In der Abwägung mit den Nebenwirkungen hätte ich wohl gesagt, dass man besser erst einmal abwartet”, sagte Schnabel zum Jahreswechsel und damit unmittelbar vor Dienstantritt bei der EZB im Interview der Börsen-Zeitung (vgl. BZ vom 31.12.2019). Auch Coeuré hatte im September gegen die QE-Neuauflage votiert.Kritisch äußerte sich Schnabel in dem Interview auch zur Diskussion über eine Ausrichtung der Geldpolitik am Kampf gegen den Klimawandel – eine “grüne” Geldpolitik. “Ich fände es eher problematisch, wenn die EZB im Rahmen ihrer Anleihekaufprogramme grüne Anleihen bevorzugen würde”, sagte sie. Das könne insbesondere bei einem später nötig werdenden Ausstieg aus QE zum Problem werden. In anderen Bereichen wie dem Sicherheitenrahmen (Collaterals) und den Eigenportfolios sieht Schnabel dagegen für die EZB Möglichkeiten, eine nachhaltigere Wirtschaft zu unterstützen.In der EZB haben viele die Hoffnung, dass Schnabel einen Beitrag dazu leisten wird, das heikle Verhältnis zwischen der Notenbank und der deutschen Öffentlichkeit zu verbessern – zumal nach dem Wechsel an der EZB-Spitze von Draghi zu Christine Lagarde. Die 48-Jährige übernimmt den Posten von Sabine Lautenschläger, die ihr Amt Ende Oktober auch aus Frust über die ultralockere EZB-Politik niedergelegt hatte – rund zwei Jahre vor Ablauf ihrer achtjährigen Amtszeit.Neben der Zuständigkeit für Marktoperationen bekommt Schnabel auch jene für Statistik und Forschung. Sie ist damit auch in der Lage, in der von Lagarde initiierten, grundsätzlichen Überprüfung der EZB-Strategie, der ersten seit 2003, eine wichtige Rolle zu spielen. Gegen “grüne” GeldpolitikIm Interview der Börsen-Zeitung hatte Schnabel für mehr Klarheit beim Inflationsziel von mittelfristig “unter, aber nahe 2 %” plädiert, zugleich aber vor überzogenen Erwartungen gewarnt. “Mit der Überprüfung wird es nicht zu einer ganz anderen Geldpolitik kommen. Viele Dinge haben sich ja bewährt”, sagte sie. Mit Blick auf zunehmende Diskussionen auch innerhalb der EZB über einen digitalen Euro für alle mahnte Schnabel, die Konsequenzen genau zu analysieren: “Privatpersonen Zugang zur Zentralbankbilanz zu gewähren hätte massive Auswirkungen auf die Struktur des gesamten Finanzsystems. Das könnte die Existenz der Banken bedrohen.”Bei der Neuverteilung der Zuständigkeiten erhielt das neben Schnabel zweite neue Direktoriumsmitglied, der Italiener Fabio Panetta, unter anderem die Verantwortung für die Ressorts Internationale und Europäische Beziehungen sowie Marktinfrastrukturen und Zahlungsverkehr. Der 60-jährige Panetta hat in dem Gremium den Posten von Coeuré übernommen.Ansonsten blieben wesentliche Verantwortlichkeiten unverändert. So ist insbesondere EZB-Chefvolkswirt Philip Lane weiter für die Bereiche Volkswirtschaft und Geldpolitik verantwortlich, und Yves Mersch bleibt stellvertretender Vorsitzender des EZB-Aufsichtsgremiums SSM (Single Supervisory Mechanism). EZB-Vizepräsident Luis de Guindos verantwortet weiterhin den Bereich makroprudenzielle Politik und Finanzstabilität. Neu hinzubekommen hat er die Verantwortung für das Risikomanagement.