Schuldenabbau geht an Krisenkommunen vorbei
wf Berlin – Die Kommunen in Deutschland haben 2017 Schulden abgebaut, aber hoch verschuldete Städte und Gemeinden konnten davon nicht profitieren. Zu diesem Ergebnis kommt die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY in ihrer jährlichen Kommunalstudie. “Der Aufschwung geht an hoch verschuldeten Städten vorbei”, lautet das Fazit. Die Studie beruht auf einer Umfrage unter 300 Kommunen. Zudem wurde die Verschuldung aller 691 deutschen Kommunen mit mindestens 20 000 Einwohnern analysiert. Demnach erwirtschafteten die deutschen Kommunen unter dem Strich im vergangenen Jahr einen Überschuss von 10,7 Mrd. Euro. Die die Gesamtverschuldung sank um 3,5 % auf 138 Mrd. Von den größeren Städten mit mehr als 20 000 Einwohnern konnten immerhin 71 % ihre Verschuldung reduzieren. “Nur eine Pause” Die Finanzmisere der deutschen Kommunen ist nach Einschätzung von EY dennoch längst nicht gelöst, sie mache nur eine Pause. “Im Gegenteil: Bei der aktuell hervorragenden Einnahmenentwicklung und dem niedrigen Zinsniveau müssten die Schulden eigentlich viel stärker sinken”, erklärte Bernhard Lorentz, Partner bei EY und Bereichsleiter für den öffentlichen Sektor in Deutschland, der Schweiz und Österreich. Lorentz zufolge sind die Steuereinnahmen der deutschen Kommunen in den vergangenen fünf Jahren um 29 % gewachsen, die Gesamteinnahmen sogar um 31 %. Dennoch sei in derselben Zeit der Schuldenberg nicht kleiner geworden, sondern habe um 2 % zugelegt.Gerade hoch verschuldete Städte, die eine finanzielle Entlastung am nötigsten hätten, kommen trotz günstiger Bedingungen beim Schuldenabbau kaum oder gar nicht voran, stellte Lorentz fest. Nach dem Ende der konjunkturellen Hochphase würden Einnahmen wieder sinken und Ausgaben – vor allem Sozialausgaben – steigen. Zudem bedrohten Zinssteigerungen die Finanzlage. “Dann sind neue Schuldenrekorde programmiert, wenn nicht rechtzeitig umgesteuert und die Finanzierung der Kommunen auf eine neue Basis gestellt wird”, erkläre Lorentz. Damit diese Städte in der Finanzklemme eine Perspektive hätten, müsse das Problem der kommunalen Altschulden dringend gelöst werden, empfiehlt EY. Dies fordere die Kommission “Gleichwertige Lebensverhältnisse”. Die Kommission war von der Bundesregierung eingesetzt worden und befasst sich unter anderem mit diesem Thema.Die Kommunen selbst reagieren mit unterschiedlichen Strategien. Einschränkungen bei Leistungen planen nur noch 8 % der Kommunen nach 25 % im Vorjahr. Die Erhöhung von Steuern und Gebühren haben aber mit 56 % weniger Kommunen ins Auge gefasst als zuvor 76 %.