Schulz tariert SPD-Programm aus

Nach verlorener Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen sucht die Bundespartei ihre Wahlkampfpositionen

Schulz tariert SPD-Programm aus

Die SPD-Spitze verschiebt nach dem Verlust der Regierungsmehrheit in Nordrhein-Westfalen die Präsentation ihrer Programmvorschläge für die Bundestagswahl.wf Berlin – SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat sich nach der schweren Wahlniederlage in Nordrhein-Westfalen kämpferisch gezeigt. “Bis zur Bundestagswahl am 24. September haben wir eine lange Wegstrecke”, sagte Schulz in Berlin am Tag nach der Landtagswahl. “Die ist steinig.” Aber die SPD sei eine kampferprobte Partei. Schulz kündigte konkrete Vorschläge zu den “Vorstellungen der Sozialdemokratie zur Zukunft Deutschlands und zur künftigen Rolle Deutschlands in Europa” an. Es gehe um eine Zukunft in Gerechtigkeit – in ökonomischer, politischer und sozialer Hinsicht sowie in Verantwortung für Frieden und Stabilität. Die ursprünglich für den Montag terminierte Vorstellung des Leitantrags der Parteispitze für den Programmparteitag am 25. Juni wurde vertagt. Diskutiert wird noch in den Gremien über Passagen zu Steuern und zur Rente.Die rot-grüne Regierung unter Landeschefin Hannelore Kraft (SPD) hatte bei der Wahl am Sonntag ihre Mehrheit verloren. Kraft trat von allen Parteiämtern zurück. Die CDU errang mit Spitzenkandidat Armin Laschet 33 % der Stimmen und legte um fast 7 Prozentpunkte zu. Die SPD büßte knapp 8 Prozentpunkte ein und kam auf 31,2 % der Stimmen. Es ist das schlechteste Resultat der SPD in diesem Bundesland seit 1947. Ihr Koalitionspartner, die Grünen, erreichten nur noch 6,4 % nach 11,3 % in der Wahl 2012. Die FDP schnellte auf 12,6 % empor nach zuvor 8,6 %. Die AfD erreichte aus dem Stand 7,4 %. Die Linke scheiterte an der 5-Prozent-Hürde. Die Wählerwanderung zeigt die hohen Verluste von SPD und Grünen (siehe Grafik).Rechnerisch ist eine knappe schwarz-gelbe Mehrheit oder eine große Koalition in Düsseldorf möglich. FDP-Parteichef Christian Lindner kündigte an, dass seine Partei nur in eine Koalition eintreten werde, wenn es einen Politikwechsel gebe. Die Liberalen wollten nicht um jeden Preis regieren. Die deutsche Industrie forderte die Wahlsieger auf, schnell eine neue Regierung in Nordrhein-Westfalen zu bilden. Die künftige unionsgeführte Regierung müsse “mehr Wirtschaft wagen”, erklärte der Präsident des Industrieverbands BDI, Dieter Kempf, in Berlin. Aus dem bevölkerungsreichsten Bundesland kommen rund 19 % der industriellen Wertschöpfung. Kempf warb für eine Investitionsoffensive in Nordrhein-Westfalen mit besseren Bedingungen für private Investitionen sowie mehr öffentliche Investitionen in Bildung, Digitalisierung und Verkehr.Mehr Investitionen hat sich auch Schulz für das SPD-Wahlprogramm auf die Fahne geschrieben. “Wir leben von der Substanz”, sagte Schulz. Es müssten mehr Mittel in innovative Investitionen fließen wie Forschung und Entwicklung sowie Ausbildung in den Betrieben. Schulz will zudem in der internationalen Politik Europa stärken und die Eurozone vertiefen. Dies sei im besten deutschen Interesse. Der Binnenmarkt bleibe die stabile Basis der deutschen Volkswirtschaft. Bedroht sieht Schulz den Binnenmarkt durch den Brexit. An das Vereinigte Königreich sandte er die klare Botschaft, nicht zu versuchen, Europa zu spalten. Vor den Toren Europas dürfe keine Steuerpolitik gegen die Interessen des Binnenmarktes gemacht werden.