Schwarze Null gerät ins Wanken

Zusätzliche Investitionen in den Klimaschutz könnten aus normalem Haushalt ausgeklammert werden

Schwarze Null gerät ins Wanken

Zum Auftakt der Haushaltsdebatte dürften die Schuldenbremse und die Ausgaben für den Klimaschutz die Diskussion prägen. Die Regierung denkt wohl schon darüber nach, Investitionen für die im Klimakabinett diskutierten Maßnahmen in Sonderhaushalte zu verschieben, um die schwarze Null zu retten. sp Berlin – Das Festhalten der Bundesregierung an der schwarzen Null auf der einen Seite und zusätzlich erforderliche Ausgaben für die vom Klimakabinett ins Auge gefassten Maßnahmen für den Klimaschutz auf der anderen Seite dürften den Rahmen für die heute beginnende Parlamentsdebatte über die Planungen für den Bundeshaushalt 2020 vorgeben. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, denkt die Bundesregierung denn auch schon über Möglichkeiten nach, wie sie in den nächsten Jahren trotz der verfassungsrechtlich verankerten Schuldenbremse mehr in Klimaschutzmaßnahmen investieren kann. Die schwarze Null gerät auch wegen der Abkühlung der konjunkturellen Rahmenbedingungen unter Druck.Die Regierung erwäge unter anderem, Zweckgesellschaften zu errichten, die die historisch niedrigen Zinsen für Investitionen in klimafreundliche Infrastrukturprojekte nutzen sollen, berichtet Reuters unter Berufung auf Regierungsvertreter. Die Schuldenbremse, die seit 2009 die konjunkturbereinigte Neuverschuldung des Bundes auf 0,35 % des Bruttoinlandsproduktes begrenzt, würde bei solchen Vehikeln nicht gelten, weil sie nicht Teil des normalen Haushalts wären. Stattdessen würde der Wachstums- und Stabilitätspakt der Europäischen Union angewendet. Finanz- und Wirtschaftsministerium äußerten sich nicht zu dem Bericht und verwiesen auf das Klimakabinett, das am 20. September tagt. Sonderhaushalte mit DispoDie Möglichkeit zusätzlicher Verschuldung über Sonderhaushalte hat nicht erst mit den wachsenden finanziellen Herausforderungen durch die Klimakrise in der Haushaltsplanung des Bundes Einzug gehalten. “Das ist Politik nach dem Motto: Guck mal, mein Sparkonto ist sauber – aber auf dem Girokonto sind 40 000 Euro Schulden”, sagt Otto Fricke, der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, zu Investitionen über öffentliche Gesellschaften, die außerhalb des Bundeshaushaltes stehen.Als Beispiel nennt er die Deutsche Bahn. “Da hieß es zunächst, sie dürfe sich nicht verschulden.” Über die Jahre wurde die Schuldengrenze der Bahn dann aber auf 25 Mrd. Euro hochgeschraubt. “Es glaubt doch niemand, dass die Bahn diese Schulden irgendwann selbst bezahlen wird.” Der Haushaltsexperte hat aber noch einen anderen Kritikpunkt: “Sobald man diese Aufgabe an Gesellschaften auslagert, ist die parlamentarische Kontrolle weg.”Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) machte sich am Montag für private Stiftungen zur Förderung des Klimaschutzes stark, die aus dem Bundeshaushalt einmalig 5 Mrd. Euro und danach jährlich mindestens 1 Mrd. Euro bekommen könnten. Bürger, Vereine, Verbände und Firmen sollen sich engagieren und Geldgeber mit einem festen Zins von 2 % gelockt werden. Die gemeinnützige Stiftung würde dann mit dem Ziel, CO2-Emissionen in Deutschland zu senken, zinslose Darlehen mit einem Gesamtvolumen für konkrete Investitionsvorhaben in einem Gesamtvolumen von 50 Mrd. Euro vergeben. Dieser Betrag wird in etwa benötigt, um Maßnahmen zum Klimaschutz zu finanzieren, die die Regierung derzeit ausarbeitet. Kreditaufnahme und -vergabe erfolgten privat, weshalb nicht gegen schwarze Null und Schuldenbremse verstoßen werde.Zusätzliche Investitionen für den Klimaschutz zu finanzieren sei genau richtig, sagte Gerhard Schick, ehemaliger Bundestagsabgeordnete der Grünen, der seit 2018 die Bürgerbewegung Finanzwende führt. “Aber warum soll der Bund für die Geldaufnahme 2 % zahlen, wenn er das Geld für minus null Komma x am Kapitalmarkt hinterhergeworfen bekommt?” Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, kritisierte den Haushaltsentwurf von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) mit Blick auf den Klimaschutz scharf.Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) pochte angesichts milliardenschwerer Vorschläge der Ministerien für Klimaschutzmaßnahmen auf eine genaue Kosten-Nutzen-Abwägung. Was vorgeschlagen werde, “muss dem Klima auch was bringen”, sagte Brinkhaus vor der ersten Sitzung der Unionsabgeordneten nach der Sommerpause in Berlin.