Gutachten der Monopolkommission

„Selten war Wettbewerb so wichtig wie jetzt“

Die Monopolkommission hat vor Fehlentwicklungen im Energiesektor, in der Lebensmittelhandel-Lieferkette und bei der Deutschen Bahn gewarnt. Bei der Transformation müsse Wettbewerb eine stärkere Rolle spielen, hieß es.

„Selten war Wettbewerb so wichtig wie jetzt“

„Selten war Wettbewerb so wichtig wie jetzt“

Monopolkommission sieht Fehlentwicklungen bei Fernwärme, Lebensmitteln und der Bahn

ahe Berlin

Die Monopolkommission hat dazu aufgerufen, die aktuellen Transformationsprozesse in Wirtschaft und Gesellschaft wettbewerblich auszugestalten. „Selten war Wettbewerb so wichtig wie jetzt“, betonte der scheidende Vorsitzende der Behörde, Jürgen Kühling, am Montag bei der Vorstellung des neuen Jahresgutachtens in Berlin. „Die digitale und sozial-ökologische Transformation wird in Deutschland nur gelingen, wenn dazu die Preisdämpfungs- und Innovationskraft des Wettbewerbs genutzt werden.“

Vorschläge der Monopolkommission werden in der Energiewirtschaft zurückgewiesen

Kühling, dessen Amtszeit Ende Juni endete, verwies auf das Beispiel des Fernwärmemarktes, der im Zuge der Energiewende künftig eine noch wichtigere Rolle spielen soll. Die Monopolkommission sieht die Gefahr, dass sich die bereits bestehenden Monopolstellungen der Fernwärmeversorger im Zuge der Wärmewende noch ausweiten und zu überhöhten Preisen führen. Dies führe dann auch zu schwindender Akzeptanz in der Bevölkerung. Im Gutachten werden daher unter anderem ein Transparenzregister, die Einführung einer vereinfachten Preisbegrenzung (Price-Cap-Regulation) sowie eine Entflechtung von Netzbetrieb und Wärmeerzeugung gefordert.

Der Energieverband BDEW nannte diese Forderungen „nicht zielführend“. Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung, verwies darauf, dass die Fernwärmeversorger wegen der hohen Investitionsbedarfe auf externes Kapital angewiesen seien. Eine Diskussion über einen neuen regulatorischen Rahmen könne zur Investitionsrückhaltung führen.

Machtverschiebungen

Macht- und Margenverschiebungen hat es nach Einschätzung der Monopolkommission in den vergangenen mehr als zehn Jahren in den Lebensmittellieferketten gegeben. Es habe eine Verschiebung der Preisaufschläge vom Agrarsektor hin zu den nachgelagerten Märkten der Lebensmittelverarbeitung und des Einzelhandels stattgefunden, hieß es. Zu den Verlierern gehören demnach die Landwirte, die die geringsten Preisaufschläge verbuchten. Im Lebensmitteleinzelhandel werde hingegen eine Nichtweitergabe von Kostensenkungen festgestellt, was ein Hinweis auf oligopolistisches Verhalten sei. Laut Kühling könnten hierzu auch zurückliegende Fusionen in der Branche beigetragen haben.

Konkrete staatliche Eingriffe in die Lieferketten im Lebensmittelsektor wollte die Monopolkommission dennoch noch nicht empfehlen. Die Branche sei komplex und müsse weiter untersucht werden.

Deutsche Bahn muss stärker auf Kundenzufriedenheit ausgerichtet werden

Deutlicher wurde die Monopolkommission bei ihrer Analyse der Deutschen Bahn: Die Steuerung des Konzerns müsse viel stärker als bisher auf die Bedürfnisse der Bahnkunden ausgerichtet werden. „Die Verlagerung auf die Schiene wird nur bei einer konsequenten Kundenorientierung gelingen“, stellte Kühling klar. Die Kommission empfahl, konkrete Ziele zur Kundenzufriedenheit und zur Pünktlichkeit auch als kurzfristige Kriterien für Boni heranzuziehen. Langfristig müsse Einfluss haben, ob die Ausbauziele der Bahn in Bezug auf die Kosten und den Zeitplan eingehalten würden. Bei der neuen Infrastrukturgesellschaft DB InfraGo müsse der Gesetzgeber die Gemeinwohlziele definieren und nicht die Bahn.

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