Separatisten wollen in Katalonien weiter regieren
ths Madrid
Pedro Sánchez hatte viel Kritik einstecken müssen für seine Entscheidung, mitten in der Corona-Pandemie den angesehenen Gesundheitsminister Salvador Illa als Spitzenkandidaten der katalanischen Sozialisten bei den Regionalwahlen am Sonntag aufzustellen. Doch der Schachzug hat sich für den spanischen Ministerpräsidenten ausgezahlt. Illa führte die seit Jahren schwächelnde PSC auf den ersten Platz mit 23% der Stimmen.
Illa will folglich für das Amt des Ministerpräsidenten Kataloniens im Parlament kandidieren. „Dies muss die Legislaturperiode des Dialogs und der Versöhnung werden und als Wahlsieger gebührt es uns, diesen Prozess anzuführen“, erklärte der Katalane, der vor gut einem Jahr von Sánchez ins damals wenig bedeutende Gesundheitsministerium nach Madrid geholt worden war.
Jedoch wird der Sozialist kaum eine Chance haben, seinen Führungsanspruch durchzusetzen. Am Montag versicherten die Separatisten, dass sie ein Regierungsbündnis zwischen den drei Parteien anstreben, die auch bisher die Mehrheit im katalanischen Parlament hatten. Bereits im Wahlkampf verpflichteten sich die Pro-Unabhängigkeit-Kräfte schriftlich, keine Koalition mit den Sozialisten einzugehen.
Die Republikanische Linke zieht mit 33 Abgeordneten mit der PSC von Illa gleich, obwohl sie etwas weniger Stimmen bekam. Das katalanische Wahlsystem bevorteilt die ländlichen Gegenden, wo die Unabhängigkeit traditionell mehr Anhänger hat als in den urbanen Ballungsräumen um Barcelona. Die bürgerliche Junts per Catalunya des früheren katalanischen Regierungschefs Carles Puigdemont, der sich vor der Justiz nach Belgien abgesetzt hat, kam auf 32 Sitze. Die linksradikale CUP verbesserte sich auf neun Abgeordnete, womit die drei Parteien zusammen die absolute Mehrheit von 68 im Parlament locker überschreiten. Die separatistischen Kräfte lagen erstmals auch knapp über der symbolträchtigen Marke von 50% der Stimmen. Allerdings brach die Wahlbeteiligung auf 54% ein.
Ein Abkommen zwischen den nationalistischen Kräften wird alles andere als leicht. Außer dem übergeordneten Ziel der Abspaltung von Spanien haben diese drei Parteien nicht viel gemeinsam. Zuletzt wurden die Risse immer größer, auch und vor allem wegen der Strategie, wie die ersehnte katalanische Republik erreicht werden kann. ERC ist seit dem Scheitern der Unabhängigkeitserklärung im katalanischen Parlament im Oktober 2017 pragmatischer geworden. Man lehnt unilaterale Schritte ab und setzt eher auf Druck und Dialog mit Madrid, um ein verbindliches Referendum durchzusetzen.
ERC hatte mit Sánchez die Einrichtung eines institutionellen Austauschs zum politischen Konflikt ausgehandelt, im Gegenzug für die Stimmen ihrer Abgeordneten im nationalen Parlament für dessen Wahl zum Ministerpräsidenten. Die spanische Minderheitsregierung aus Sozialisten und dem Linksbündnis Unidas Podemos ist stark auf die Unterstützung von ERC in Madrid angewiesen, wie sich zuletzt bei der Verabschiedung des Haushalts zeigte.
Sánchez sähe in Katalonien am liebsten eine Koalition aus seinen Sozialisten mit ERC und dem katalanischen Ableger von Podemos, die ebenfalls auf eine Mehrheit der Sitze kommt. Doch auch so kann der spanische Regierungschef sich Hoffnungen machen, dass es für ihn fortan leichter wird. Eine von ERC-geführte Regierung sollte umgänglicher sein, als der harte Konfrontationskurs von Puigdemont.
Für die bürgerliche Opposition Spaniens geriet die Wahl derweil zum Debakel. Die Volkspartei (PP) büßte weitere Stimmen ein und kam gerade einmal auf drei Sitze. Die nationalliberale Ciudadanos, Wahlsieger vor vier Jahren, rutsche von 36 auf 6 Abgeordnete ab. Nutznießer war die rechtsextreme Vox, die mit elf Mandaten erstmals in Barcelona im Parlament sitzt. Die Opposition gegen die Separatisten wird jedoch Illa anführen.