Scholz-Sommerpressekonferenz

„Sind wieder auf der richtigen Umlaufbahn“

Sommerpressekonferenz von Olaf Scholz: Der Kanzler gibt sich von koalitionsinternen Streitereien und schlechten Umfragewerten nur wenig beeindruckt.

„Sind wieder auf der richtigen Umlaufbahn“

„Sind wieder auf der richtigen Umlaufbahn“

ahe Berlin

Olaf Scholz gibt sich von koalitionsinternen Streitereien und schlechten Umfragewerten nur wenig beeindruckt.

Zum zweiten Mal stellt sich Olaf Scholz als Bundeskanzler in der in Berlin traditionellen Sommerpressekonferenz den Fragen der Hauptstadtjournalisten. Doch an diesem Freitag ist es irgendwie anders als noch vor einem Jahr, als es vor allem darum ging, wie Deutschland die Folgen des russischen Angriffskriegs abfedern kann. Die Ukraine wird in den 100 Minuten in der Bundespressekonferenz zwar auch noch das ein oder andere Mal angesprochen, ist aber irgendwie ein Randthema geworden – was auch der Kanzler bedauert. Scholz erinnert an die Angst im vergangenen Herbst vor einer großen Energie- und Wirtschaftskrise. Dass diese nicht eingetreten ist, sieht er als großen Erfolg seiner Regierung.

Vergessen ist dies aber auch, weil die Ampel ein so katastrophales Halbjahr hinter sich hat: Der Streit um das Heizungsgesetz, in dem sich die Koalitionäre fast selbst zerlegt haben, das Gezerre um Haushalt, Industriepolitik und Kindergrundsicherung haben die Umfragewerte von SPD, Grünen und FDP auf immer neue Tiefen gedrückt. Laut aktuellem ZDF-Politbarometer liegt Scholz eigene Partei nur noch bei 17% und damit 3 Prozentpunkte hinter der AfD. Der Sozialdemokrat mahnt zu Gelassenheit: Nein, sagt er. Er sehe keine Normalisierung rechten Gedankenguts in Deutschland. Zudem sei er „ganz zuversichtlich“, dass die AfD bei der nächsten Bundestagswahl nicht besser abschneiden werde als 2021. Damals erhielt sie 10,3% der Stimmen. Der Frage nach einer Verantwortung der Ampel für den Höhenflug der Rechtsaußen-Partei wich Scholz aus.

Der 65-Jährige rechnet damit, dass die Arbeit der Ampel nach der Sommerpause „weniger laut“ sein wird als zuletzt. Er warb ausdrücklich für mehr Pragmatismus und erinnerte mit Blick auf die Debatte um das Heizungsgesetz daran, dass auch Abwägungen und Kompromisse „gute Politik“ seien. Allerdings stellt Scholz auch klar, dass man die Menschen mitnehmen müsse. Seine Überzeugung sei, dass man sich in der Klimapolitik zutrauen müsse, dass jede einzelne gesetzliche Regelung in einer möglichen Volksabstimmung eine Mehrheit finde. „Das muss der Ehrgeiz sein.“

Als „falsche Politik“ bezeichnet es der Kanzler, wenn jemand versucht, eigene Vorstellungen im Klimabereich „rücksichtslos durchzuziehen“ – und man weiß nicht recht, ob dies eine Spitze gegen die Letzte Generation war oder die Grünen im Wirtschaftsministerium. Schließlich hatte insbesondere der mittlerweile geschasste Staatssekretär Patrick Graichen, der Vater des Gebäudeenergiegesetzes, ja den Ruf weg, bei der Umsetzung seiner Ideen auch mit dem Kopf durch die Wand zu gehen. Große Selbstkritik lässt Scholz nicht erkennen: Fast schon entrüstet weist er den Vorwurf von sich, die Regierung würde sich in der Klimapolitik im Klein-Klein verlieren. Wenn sich die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt jetzt ernsthaft auf den Weg mache, bis 2045 klimaneutral zu werden, dann sei dies eher „groß-groß“, stellt er seine Sichtweise klar.

Und was ist mit der Gewalt in den Schwimmbädern? Der Kanzler gibt preis, dass er seit mehr als 40 Jahren nicht mehr in einem öffentlichen Freibad schwimmen war. Ob Fragen zur Migrationspolitik, Pflegereform, Türkei-Politik, China-Strategie, zu Streubomben oder zum Industriestrompreis – Scholz lässt sich nicht aus der Reserve locken. Und die ganzen katastrophalen Umfragewerte nimmt der SPD-Politiker zumindest äußerlich gelassen. Als eine Journalistin nach einer Halbzeitbilanz der Legislatur fragen will und dabei erwähnt, dass seine Kanzlerschaft ja in zwei Jahren endet, unterbricht Scholz mit einem deutlichen „Nö“. Er stehe erst „am Anfang meiner Tätigkeit als Bundeskanzler“. Denn in Olaf Scholz Universum befindet sich das Land wieder „auf der richtigen Umlaufbahn“. Eigentlich war dies nur seine Formulierung für den Haushalt, der wieder die Schuldenregeln einhält. Aber irgendwie gilt dies wohl für alles andere auch.

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