LEITARTIKEL

Skandal-Banking

Keine Woche ohne einen neuen Skandal im Investment Banking, der die gesamte Finanzbranche erschüttert. Der vorerst jüngste Eklat, die jahrelangen Manipulationen des Interbankensatzes Libor, hat die Führung der britischen Barclays hinweggefegt und...

Skandal-Banking

Keine Woche ohne einen neuen Skandal im Investment Banking, der die gesamte Finanzbranche erschüttert. Der vorerst jüngste Eklat, die jahrelangen Manipulationen des Interbankensatzes Libor, hat die Führung der britischen Barclays hinweggefegt und bringt sogar die Bank von England ins Zwielicht. Barclays, die als erste Bank Fehlverhalten eingestanden und einer Strafzahlung zugestimmt hat, steht zwar am Pranger, aber es sind insgesamt rund 20 Institute, die in die Libor-Manipulationen verstrickt sind. Die anderen halten sich in Deckung und hoffen, dass zumindest dieser Sturm sie nicht im gleichen Ausmaß wie das britische Geldhaus trifft.Denn der nächste Skandal lauert schon und kommt für die Bank und Banker oft unerwartet wie zuletzt für Morgan Stanley – trotz monatelanger Untersuchungen des Anteilserwerbs am Energieversorgers EnBW durch das von Morgan Stanley in einer Nacht-und-Nebel-Aktion “beratene” Land Baden-Württemberg. Die im Zuge der Untersuchung veröffentlichten E-Mails des nicht mehr amtierenden Deutschland-Chefs der Bank, Dirk Notheis, zeugen von einer unvorstellbaren Arroganz und Selbstherrlichkeit, mit der er selbst demokratisch gewählte Politiker vor sich hergetrieben hat. Die Einsicht, dass das vielleicht nicht ganz in Ordnung ist, geht vielen hartnäckig im Elfenbeinturm festsitzenden Investmentbankern völlig ab. Sie nehmen nach tagelangem Druck und erst, wenn der Ruf der Bank ruiniert ist, wenigstens eine “Auszeit”, nur um mit einem solchen halben Schritt die Öffentlichkeit erneut zu verhöhnen. Dabei hätten die Auswirkungen des Victory-Zeichens von Josef Ackermann im Mannesmann-Prozess, das dem damaligen Deutsche-Bank-Chef als Arroganz ausgelegt wurde, schon vor Jahren allen eine Lehre sein können, die schließlich noch vom “Gottesbanker” Lloyd Blankfein von Goldman Sachs getoppt wurde.Es ist erschreckend, dass inzwischen so gut wie jede der einst schillernden Investmentbanken in einem selbst verschuldeten Skandal steckt. Selbst J. P. Morgan, die relativ unbeschadet durch die erste Finanzkrise gekommen ist, hat es nun mit einem dicken Handelsskandal im Milliarden-Ausmaß erwischt, wie zuvor schon UBS und Société Générale. Bei der UBS hat zudem ihre Hilfe für Kunden in den USA bei der Steuerhinterziehung, die von den US-Behörden hartnäckig verfolgt wurde, auch noch zu einem riesigen Aderlass in der Vermögensverwaltung geführt.Die Hoffnung, dem ungebührlichen Verhalten im Investment Banking durch immer mehr und strengere Regularien den Garaus zu machen, trägt zumindest zu einem Teil. Die verschiedenen Regulierungsvorhaben werden Prognosen zufolge die Eigenkapitalrendite von ehemals 20 % auf etwa 7 % drücken und damit auch die Gehälter einer einst verwöhnten Branche. Infolge der schrittweise erheblich stärkeren Unterlegung von bestimmten Geschäften mit Eigenkapital werden diese – wie gewünscht – weniger attraktiv. Doch wo ein Loch gestopft ist, taucht ein neues auf. Stichwort Eigenhandel: Offiziell haben Investmentbanken ihr Proprietary Trading eingestellt. Jedoch nicht ganz, denn es findet weiterhin im Rahmen des Kundengeschäfts statt und wird daher anders bilanziert. Etliche hochriskante Geschäfte des Investment Banking haben die Institute aufgrund der geforderten höheren Eigenkapitalunterlegung bereits ausgelagert. Ganze Teams sind zu Hedgefonds übergewandert, um dort die riskanten Geschäfte weiterzubetreiben, allerdings völlig unreguliert und intransparent, sodass auch dort Skandale lauern wie seinerzeit mit dem Zusammenbruch des Hedgefonds LTCM.Was bleibt den Investmentbanken noch als einträgliches Geschäft übrig? Trotz aller Skandale, Finanz-, Staatsschulden- oder sonstigen Krisen wird es ein Grundrauschen im Kapitalmarktgeschäft und rund um Mergers & Acquisitions immer geben. Dafür bedarf es allerdings nicht mehr so vieler Mitarbeiter im Investment Banking. Zwar ist das Personal in den vergangenen Jahren schon um 30 bis 40 % abgebaut worden, doch das wird nicht reichen. Es ist zu kostspielig, in Leerlaufzeiten hoch dotierte Investmentbanker vorzuhalten. Sie sind zudem überflüssig, wenn Unternehmen zunehmend auf die Investmentbanken als Intermediäre verzichten, indem sie sich beispielsweise direkt bei Investoren wie Versicherungen Kapital beschaffen. Diese Disintermediation, die Regulierung und auch die Skandale, mit denen sie sich selbst aus dem Rennen schießen, verstärken den Trend zur Konsolidierung der Investmentbanken auf nur noch wenige große Anbieter.——–Von Karin Böhmert ——- Der Druck zur Konsolidierung der Investmentbanken wächst. Nur wenige bleiben übrig – auch wegen der Skandale, mit denen sie sich aus dem Rennen schießen.