Finanzmarkt-Roundtable

Sorge vor Überbewertung begleitet Transformation

Volkswirte diskutieren beim Finanzmarkt-Roundtable des Instituts der deutschen Wirtschaft Finanzierungsbedingungen beim Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft.

Sorge vor Überbewertung begleitet Transformation

fed Frankfurt

Im Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft bestehen erhebliche Risiken von Überbewertungen grüner Vermögenswerte an den Kapitalmärkten. Das ist ein Ergebnis des Finanzmarkt-Roundtable des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), der DekaBank und der Börsen-Zeitung, das dem Thema der „Finanzierung der digitalen und klimaneutralen Transformation“ ge­widmet war. Es sei nicht ungewöhnlich, wenn es in solchen Übergangszeiten zu Überbewertungen komme, erklärte IW-Direktor Michael Hüther. In Phasen, in denen neue Themen an Kapitalmärkten Einzug halten, gebe es stets „eine Neigung zu Übertreibungen“, argumentierte auch Markus Demary, Senior Economist des IW.

Grüne Prämie, grüne Blase

Untersuchungen zeigten, dass Assets mit ausdrücklichem Nachhaltigkeitsfokus zuletzt eine bessere Performance gezeigt hätten als der Gesamtmarkt. Noch sei aber nicht klar, „wie nachhaltig dieser Nachhaltigkeitstrend“ sei – und ob es sich um „grüne Prämien oder grüne Blasen“ handele“, mahnte Demary. Schließlich müsse sich erst noch zeigen, ob nachhaltigkeitsorientierte Titel auch langfristig erfolgreicher an den Märkten notierten.

Wie erfolgreich sich bestimmte Transformationsstrategien entwickeln werden, hänge maßgeblich von der Regulierung ab, gab Hüther zu bedenken. Noch sei nicht absehbar, wie sich die Politik in Bezug auf bestimmte Verfahren oder Vorgaben positionieren werde – etwa mit Blick auf die Klassifizierung von Kernkraft in der EU-Taxonomie oder auch hinsichtlich der CO2-Abscheidung und -Speicherung.

Eben diese Carbon Capture spielt beispielsweise für HeidelbergCe­ment eine entscheidende Rolle in der eigenen Transformationsstrategie, erläuterte Severin Weig, Leiter Treasury, Group Insurance & Corporate Risk des Heidelberger Unternehmens. Vor diesem Hintergrund appellierte Weig an die Adresse der Politik: „Wir brauchen einfache Genehmigungsverfahren und mehr Risikobereitschaft.“

Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, begrüßte die Bedeutung, die die neue Bundesregierung in Zusammenhang mit Klimaschutz dem Abbau von Verwaltungshindernissen einräume. Allerdings warnte er vor voreiligem Lob. Diese Ansage habe bereits manche Regierung gemacht, es komme nun darauf an, ob die Ampel-Koalition diese Ankündigung auch einlöse. Kater zeigte auf, dass das steigende Bewusstsein für ESG (Environmental, Social, Governance) dazu beitrage, die Transparenz zu verbessern und den Druck auf Unternehmen zu erhöhen, sich verantwortlich zu verhalten. Kater erinnerte zugleich daran, dass der Anteil nachhaltiger Finanzprodukte im Verhältnis zum Gesamtmarkt noch überschaubar sei.

Demary berichtete, das IW sei in Studien zum Schluss gekommen, dass das Eigenkapital kein wesentlicher Engpassfaktor sei, wenn es darum gehe, die immensen Investitionsvolumina zu Verfügung zu stellen, die für den nachhaltigen Umbau der Wirtschaft erforderlich sind. Trotzdem sei es wichtig, Bankbilanzen durch Wiederbelebung des Verbriefungsmarkts zu entlasten.