DAS KONJUNKTURTABLEAU VON ZEW UND BÖRSEN-ZEITUNG

Sorgen um Exporte nehmen zu

Konjunkturtableau zeigt deutlich niedrigere Erwartungen an den Außenhandel der Eurozone

Sorgen um Exporte nehmen zu

ba Frankfurt – Ungeachtet aller politischen Störfeuer steht die Wirtschaft der Eurozone im Durchschnitt bislang recht gut da. Zwar zeigt sich sowohl im aktuellen Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung als auch in den finalen Daten des Einkaufsmanagerindex ein weiter steigender Pessimismus mit Blick auf den Außenhandel, doch am Gesamtbild eines fortgesetzten Aufschwungs ändert dies noch nichts. Das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) sammelt für das Konjunkturtableau jeden Monat die veröffentlichten Prognosen von Banken, Institutionen sowie staatlichen Einrichtungen und bestimmt daraus den Medianwert.Zwar haben die Auguren im Vergleich zur vorherigen Veröffentlichung vor sechs Wochen (vgl. BZ vom 21. August) die Prognose für das Wirtschaftswachstum leicht zurückgenommen, “speziell bei der Entwicklung der Arbeitslosenquote zeigt sich jedoch ein erfreulicher Rückgang”, wie ZEW-Experte Michael Schröder zum Konjunkturtableau erläutert. Die Auguren prognostizieren für 2018 ein Plus des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Eurogebiet von 2,0 %, das sind 0,1 Prozentpunkte weniger als zuvor. Im August lag die Arbeitslosenquote im gemeinsamen Währungsraum bei 8,1 % und damit auf dem niedrigsten Stand seit November 2008. Im Juli betrug sie noch 8,2 % (vgl. BZ vom 2. Oktober). Für das laufende und das kommende Jahr wird ein um 0,2 Prozentpunkte stärkerer Rückgang der Arbeitslosenquote als noch im August erwartet: Für das gesamte Jahr 2018 wird nun eine durchschnittliche Arbeitslosenquote von 8,2 % prognostiziert, und für 2019 wird ein weiterer Rückgang auf 7,8 % vorhergesagt. Auch mit Blick auf die Anlageinvestitionen ist die Zuversicht etwas gestiegen – für 2018 wurde die Prognose um 0,2 Punkte auf 3,3 % und für 2019 um 0,3 Punkte auf 3,3 % angehoben.Die internationalen Handelskonflikte mit den Vereinigten Staaten sowie der noch völlig unklare Ausgang der Brexit-Verhandlungen werden allerdings als große Risikofaktoren für das zukünftige Wirtschaftswachstum in Deutschland, aber auch in der Eurozone angesehen. Mit Blick auf die hiesige Wirtschaft zeigte sich im zweiten Quartal die Exportabhängigkeit von ihrer negativen Seite, konstatierte Schröder. So wird der Wachstumsbeitrag des Außenbeitrags vom Statistischen Bundesamt (Destatis) für dieses Quartal mit minus 0,4 Prozentpunkten angegeben nach minus 0,1 Punkten im ersten Quartal. Und auch im Tableau für den Euroraum zeigt sich der Handelspessimismus deutlich: So wird das Exportplus für 2018 auf 2,8 % von 3,9 % heruntergeschraubt, während die Importe nur mehr mit +2,9 % statt wie zuvor mit +3,4 % veranschlagt werden. Für das Folgejahr sind die Voraussagen allerdings etwas optimistischer geworden: Bei den Exporten wird ein Zuwachs von 3,9 (zuvor: 3,8) % erwartet, bei den Importen sollen es 4,6 (4,1) % mehr werden als im Jahr 2018.Die anhaltende Unsicherheit angesichts der weltweiten Verschärfung protektionistischer Maßnahmen zeigt sich auch deutlich in den Septemberdaten des Einkaufsmanagerindex PMI Composite für die Privatwirtschaft, der Dienstleister und Industrie zusammenfasst. Dieser ist um 0,3 auf 54,1 Punkte gefallen und hat damit die Vorabschätzung um 0,1 Punkte unterschritten. “Die größten Sorgen bereiten die Exporte, die mehr oder weniger stagnierten – ein krasser Gegensatz zum Rekordzuwachs Ende letzten Jahres”, kommentierte denn auch Chris Williamson, Chefvolkswirt von IHS Markit, das finale Ergebnis der monatlichen Umfrage. Allerdings sei der Kontext entscheidend, betonte er: “Obwohl der Composite PMI fast auf einem Zweijahrestief notiert, signalisiert er noch immer relativ kräftiges Wachstum.” Werte oberhalb von 50 Zählern stehen für wirtschaftliche Expansion. Laut Williamson deutet der Composite PMI darauf hin, dass das BIP im dritten Quartal 2018 um fast 0,5 % zulegen dürfte. Überdies signalisierten die PMI-Daten, “dass die offiziellen Wachstumsschätzungen für das erste Halbjahr 2018 möglicherweise nach oben revidiert werden könnten”, stellte Williamson in Aussicht. Im zweiten Vierteljahr hat das BIP sowohl im Euroraum als auch in der gesamten EU je 0,4 % zugelegt.In der EU zeigt sich dabei ein starkes Gefälle zwischen Ost- und Westeuropa, wie ZEW-Experte Schröder betont: So hat das reale BIP in den meisten osteuropäischen Mitgliedsländern wesentlich stärker als im Westen Europas zugelegt. Besonders hoch war die Quartalswachstumsrate im zweiten Quartal in Rumänien (1,4 %), der Slowakei (1,0 %), Ungarn (0,9 %) und Bulgarien (0,8 %). Im Westen kamen Schweden (1,0 %) und die Niederlande (0,7 %) auf ähnlich hohe Wachstumsraten. Beunruhigend findet Schröder, dass einige der westeuropäischen Länder relativ geringe Wachstumsraten aufwiesen: Italien und Frankreich mit jeweils 0,2 % sowie Belgien und Dänemark mit 0,3 %. “Insbesondere das hoch verschuldete Italien, das sogar noch eine weitere deutliche Zunahme der Staatsschulden plant, könnte durch geringes Wirtschaftswachstum in Bedrängnis kommen, da damit eine verringerte Tragfähigkeit von Staatsschulden einhergeht”, mahnt Schröder.In Bezug auf die Inflationsrate zeigen sich im September sowohl für das Eurogebiet (2,1 %) als auch für Deutschland (2,3 %) Werte oberhalb der EZB-Zielgröße von knapp 2 %. Die Inflationsprognosen für 2018 und 2019 sind mit 1,7 % und 1,8 % für den Euroraum sowie 1,8 % und 2,0 % für Deutschland weitgehend unverändert geblieben. “Entsprechend zeichnet sich in den Prognosen für die kurzfristigen Zinsen noch immer keine Wende in der Geldpolitik ab”, sagte Schröder.