Sozialpartner in Frankreich verhandeln über Arbeitsmarkt

Staatspräsident fordert "historischen Kompromiss"

Sozialpartner in Frankreich verhandeln über Arbeitsmarkt

wü Paris – Der französische Arbeitgeberverband Medef und Gewerkschaften haben am Donnerstag die Verhandlungen über eine Reform des Arbeitsmarktes wieder aufgenommen. Sie sollen der Regierung bis Ende des Jahres einen entsprechenden Vorschlag machen. Staatspräsident François Hollande hatte sie am Dienstag während seiner ersten Pressekonferenz aufgefordert, einen “historischen Kompromiss” zu finden. Ansonsten werde die sozialistische Regierung einen eigenen Entwurf vorlegen, drohte er.Die französischen Arbeitgeber fordern vor allem mehr Flexibilität für Unternehmen. Der Medef schlägt beispielsweise vor, dass Firmen stärker als bisher auf befristete und projektbezogene Verträge oder Übergangslösungen zurückgreifen dürfen.Unternehmen müssten in Krisenzeiten auch die Chance haben, vorübergehende Maßnahmen wie Kurzarbeit und Lohnkürzungen anzuwenden, um Entlassungen zu vermeiden, fordert er. Gleichzeitig müsse den Arbeitgebern bei Restrukturierungen die Möglichkeit eingeräumt werden, Arbeitnehmer, die eine ihnen angebotene neue Aufgabe ablehnen, im Eilverfahren entlassen zu können.Darüber hinaus fordert der Medef, die Fristen für Klagen gegen Kündigungen von fünf Jahren auf ein Jahr zu senken und die Entlassungsverfahren zu vereinfachen, wenn es zu betriebsbedingten Kündigungen kommt. Er schlägt zudem vor, die Zahlung von Arbeitslosengeld regressiv zu gestalten und Arbeitslose zu verpflichten, jede angebotene Stelle anzunehmen.Die Verhandlungen gestalteten sich am Donnerstag schwierig, da die Gewerkschaften die vom Arbeitgeberverband vorgelegten Vorschläge ablehnten. Diese seien eine Provokation, erklärte Agnès Le Bot von der linken Gewerkschaft CGT. Der Medef wolle das Arbeitsrecht in Krisenzeiten rückgängig machen, kritisierte Marie-Françoise Leflon von der CFE-CGC.Ziel der von der Regierung gewünschten Reform ist, zum einen Arbeitnehmer besser zu schützen, zum anderen aber auch den Unternehmen mehr Flexibilität zu gewähren. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte in seinem Bericht zu Frankreich kürzlich angemahnt, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone müsse das Funktionieren des Arbeitsmarktes verbessern.Der von der Regierung angeregte Dialog über eine Arbeitsmarktreform sei eine einmalige Chance, die nicht vertan werden dürfe, meint der IWF.Banque-de-France-Chef Christian Noyer erklärte vergangene Woche ebenfalls, er erwarte Entscheidungen in Bezug auf den französischen Arbeitsmarkt. Dies sei ebenso wichtig wie die von der Regierung vorgestellten Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit.