Spanien steht vor Neuwahlen

Katalanische Separatisten kippen Haushalt der sozialistischen Minderheitsregierung im Parlament

Spanien steht vor Neuwahlen

Spaniens Minderheitsregierung ist mit ihrem Finanzplan gescheitert. Es wird erwartet, dass Ministerpräsident Sánchez am Freitag vorgezogene Wahlen in den nächsten Monaten ausruft. Finanzministerin Montero warnt, dass das spanische Staatsdefizit ohne höhere Steuern deutlich höher ausfallen wird.ths Madrid – Die Sozialisten von Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez haben bis kurz vor Beginn der Abstimmung über den Haushalt am Mittwoch im Unterhaus die beiden separatistischen Parteien aus Katalonien doch noch zu einer Zustimmung zu bewegen versucht – jedoch vergebens. Die Nationalisten brachten mit den Konservativen und Liberalen den Plan mit 191 gegen 158 Stimmen bei einer Enthaltung zu Fall und setzten damit höchstwahrscheinlich der Legislaturperiode ein Ende. Regierungsmitglieder wie die Finanzministerin María Jesús Montero räumten ein, dass man ohne eigenen Haushalt nicht bis zum Ende der Amtszeit im Sommer 2020 durchregieren könne.Sánchez wird Medienberichten zufolge am Freitag nach der wöchentlichen Kabinettssitzung die Entscheidung über vorgezogene Neuwahlen bekannt geben. Als wahrscheinlichster Termin wird der 28. April gehandelt, aber auch der 14. April oder die Zusammenlegung mit den Europawahlen sowie der Wahl von 14 der 17 regionalen Kammern und sämtlichen Kommunen am 26. Mai.Sánchez hatte viel riskiert, als er im Januar den Haushaltsplan 2019 reichlich verspätet im Unterhaus einreichte, ohne damals die nötigen Stimmen sicher zu haben. Die Minderheitsregierung hoffte darauf, dass die Anhebung der Staatsausgaben für Katalonien um satte 68 % ausreichen würde, um die beiden separatistischen Parteien, die linke ERC und die bürgerliche PDeCAT, umstimmen zu können. Doch diese forderten politische Zugeständnisse in der Frage des territorialen Konflikts, die für die Sozialisten letztlich nicht akzeptabel waren. “Weder wollen noch können wir das Recht auf Selbstbestimmung in die Tagesordnung aufnehmen”, sagte Ministerin Montero während der Haushaltsdebatte. “Die Regierung hat sich überhaupt nicht angestrengt beim Haushalt”, klagte dagegen der Fraktionssprecher der PDeCAT, Carles Campuzano.Obwohl der Finanzplan abgewiesen wurde, warfen die konservative Volkspartei (PP) und die rechtsliberale Ciudadanos Sánchez vor, sich mit Zugeständnissen an die Separatisten im Amt halten zu wollen, und bezeichneten den Regierungschef unverblümt als “Verräter”. Die Stimmung ist in Spanien und Katalonien sehr aufgeheizt, zumal diese Woche auch der Großprozess gegen zwölf führende Separatisten wegen der Umstände rund um das Referendum und die folgende Unabhängigkeitserklärung im Oktober 2017 begann.Durch das Scheitern des Haushalts werden die vielen geplanten Steuererhöhungen, etwa für Großunternehmen, Vielverdiener und Dieselfahrer nun nicht umgesetzt. Mit diesen Maßnahmen sollten bereits eingeführte Mehrausgaben finanziert werden, wie die Anhebung der Renten und der Gehälter im öffentlichen Dienst. Montero sagte im Parlament, dass das Staatsdefizit im laufenden Jahr ohne den Haushalt bei 2,2 % bis 2,4 % des Bruttoinlandsproduktes liegen werde. Das ist weit entfernt von den anvisierten 1,3 %, die die überwiegende Mehrheit der Volkswirte aber sowieso für unerreichbar hielt. Spanien hat aller Voraussicht nach 2018 erstmals seit Jahren wieder ein Staatsdefizit unter der 3-Prozent-Marke des EU-Vertrags erreicht. Offenes RennenDen Haushalt für 2020 muss nun die zukünftige Regierung, die aus den erwarteten Neuwahlen hervorgehen wird, gestalten. Die jüngsten Umfragen sagen ein offenes Rennen voraus. Sánchez` Sozialisten liegen zwar vorn, doch schwächelt ihr natürlicher Bündnispartner, die von Personalquerelen und Richtungsstreiten geplagte Linkskoalition Unidos Podemos. Eine Mehrheit von PP, Ciudadanos und der aufstrebenden, rechtsradikalen Vox ist in greifbarer Nähe. Die drei Parteien haben sich vor kurzem in Andalusien auf einen Pakt geeinigt. Unter Pablo Casado, dem Nachfolger Rajoys an der Spitze, hat die PP einen Rechtsruck vollzogen. So brachte der Vorsitzende etwa eine Verschärfung des Abtreibungsrechts zur Stärkung der Rentenkassen ins Spiel. Die Sozialisten hoffen darauf, dass diese Radikalisierung die eigenen Wähler mobilisieren wird.