SPD-Interimstrio will Zeit gewinnen

Entscheidung über Verfahren zur Nahles-Nachfolge erst Ende Juni - Schwarz-Rot sucht Halt für Regierung

SPD-Interimstrio will Zeit gewinnen

Nach dem Rücktritt der Partei- und Fraktionsvorsitzenden Andrea Nahles wird die SPD mit einem Interimstrio an der Parteispitze die Nachfolge regeln. Damit will die Parteiführung Zeit gewinnen und zugleich in der Regierung vertragstreu bleiben. Die Union versucht unterdessen, Sachthemen anzuschieben. wf Berlin – Die drei stellvertretenden Parteivorsitzenden, die Ministerpräsidentinnen Malu Dreyer, Rheinland-Pfalz, und Manuela Schwesig, Mecklenburg-Vorpommern, sowie der Noch-Landesvorsitzende in Hessen, Thorsten Schäfer-Gümbel, sollen die SPD nach dem Rücktritt von Parteichefin Andrea Nahles durch die Führungskrise steuern. Alle drei streben selbst aber nicht nach dem Parteivorsitz, machten sie am Montag vor der Presse in Berlin deutlich. Am 24. Juni soll der Parteivorstand über Verfahren und Struktur der Nachfolge beraten und entscheiden, sagte Schäfer-Gümbel. Auch eine Doppelspitze nannte er als Möglichkeit.Am Sonntag war bekannt geworden, dass Nahles Partei- und Fraktionsvorsitz niederlegt. Auch ihr Bundestagsmandat will sie abgeben. Sie zog damit Konsequenzen aus dem schlechten Wahlergebnis bei der Europawahl, bei der die SPD hinter Union und Grünen nur noch auf Platz 3 landete, und aus der mangelnden Unterstützung ihrer Person in Partei und Fraktion. In einer Flucht nach vorn wollte Nahles sich am heutigen Dienstag in der Bundestagsfraktion in einer vorgezogenen Abstimmung im Amt bestätigen lassen. Dafür fehlte offenkundig die Rückendeckung. Regulär hätte die Wahl erst im Herbst angestanden.Aus der SPD kamen diverse Forderungen zum weiteren Vorgehen: von einem vorgezogenen Parteitag, der nach den Regularien frühestens im Oktober einberufen werden kann, über eine Urwahl aller Mitglieder, den Rufen nach einer Doppelspitze, dem sofortigen Ausscheiden aus der großen Koalition mit CDU/CSU bis zu einer vorgezogenen Revision der Regierungsarbeit, die im Koalitionsvertrag für den Herbst angelegt ist. “SPD vertragstreu” Das Interimsführungstrio ist offenkundig bestrebt, die Berliner Koalition stabil zu halten. Schwesig sagte, mit Vizekanzler Olaf Scholz und den übrigen SPD-Ministern habe die Partei sehr erfolgreiche Regierungsmitglieder, die bereits wichtige Projekte auf den Weg gebracht hätten. Wichtige Projekte stünden noch an. “Deshalb muss auch keiner Sorge haben, dass – obwohl die SPD vielleicht in einer schwierigen Situation ist – die SPD nicht genug Stärke hat, die Aufgaben für dieses Land zu übernehmen.” Die SPD habe immer bewiesen, dass auf sie Verlass sei, sagte Schwesig. Dreyer nannte die SPD “vertragstreu”. Die Union zeigte sich bereit, die Koalition fortzusetzen.Die CDU schloss am Montag ihre zweitägige Klausur ab, bei der die Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ein Resümee zur Europawahl zog. Als zentrale Themen nannte sie nun den Ausbau der Netze für die Digitalisierung, Klimaschutz sowie Heimat und gleichwertige Lebensverhältnisse. Von der Regierung verlangte Kramp-Karrenbauer eine zügige Darlegung, wie das Recht auf schnelles Internet umgesetzt werden soll. Im Klimaschutz setze die Union auf Innovationen und Anreize anstelle von Verboten. Für den 24. Juni kündigte die Parteichefin ein Konzept zur Zukunft der Mobilität an. Zudem solle das über die Jahre gewachsene System klimapolitischer Steuern und Abgaben neu geordnet werden. Derzeit sei es unausgewogen und wirtschaftsschädlich, sagte Kramp-Karrenbauer. Dieses Konzept soll bis zum Herbst vorliegen.Die Bundesregierung selbst hat klimapolitische Ergebnisse bis September angekündigt. Die Gesetze sollen bis Jahresende das Kabinett passieren. Die ebenfalls tagenden Fraktionschefs der Union aus den Ländern forderten mehr Tempo bei Grundrente und Abbau des Solis.