Streit über Grundrente flammt neu auf
sp/dpa-afx Berlin – Der Streit über die Grundrente in der großen Koalition ist vor der ersten Beratung im Bundestag neu entflammt. Nach Kritik der CDU an der Finanzierung der Grundrente in der Corona-Krise hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) darauf hingewiesen, dass vereinbart ist, die Kosten aus Steuern zu bezahlen. “Dazu wird eine Finanztransaktionssteuer auch einen Beitrag leisten. Daran arbeitet der Bundesfinanzminister. Also es geht voran an der Stelle”, sagte er am Donnerstag im Deutschlandfunk. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) wies Forderungen nach einer Verschiebung oder Aufgabe des Projekts scharf zurück. “Wir geben großen Unternehmen Kredite von mehreren Milliarden Euro. Und dann kommt jemand daher und sagt, die Grundrente, die knapp über eine Milliarde kostet, können wir aber nicht bezahlen. So jemand gehört eigentlich ausgebuht”, sagte Scholz bei der Vorstellung der Steuerschätzung.Heil erklärte, die Grundrente solle mit einem Bundeszuschuss aus dem Bundeshaushalt bezahlt werden. Für den Start rechne er mit Kosten von 1,3 Mrd. Euro. Profitieren sollen “Menschen mit kleinem Einkommen”, etwa Verkäuferinnen, Pflegehelferinnen, Lieferdienstfahrer und Lagerarbeiter. “Es geht hier um die Lebensleistung und die muss besser abgebildet werden – auch in der Alterssicherung”, so Heil. Das betreffe etwa 1,3 Millionen Menschen.Am Freitag beginnen die Bundestagsberatungen über das Gesetz mit der ersten Lesung. Wann es verabschiedet wird, ist noch unklar. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) hatte am Dienstag Erwartungen an eine schnelle Verabschiedung der Grundrente im Bundestag gedämpft und auf eine “seriöse Finanzierung” gepocht. Aus der Union waren zuletzt Forderungen laut geworden, das Vorhaben wegen der hohen Kosten auch vor dem Hintergrund der Corona-Krise zu verschieben oder auf Eis zu legen. Die SPD besteht aber darauf, dass die Grundrente – wie vereinbart – zum 1. Januar 2021 startet.Heil kann sich im Zweifelsfall auch vorstellen, dass die Grundrente rückwirkend ein paar Monate später ausgezahlt wird, sollte es coronabedingt zu Verzögerungen bei der Gesetzgebung oder den zuständigen Behörden kommen. Kritik an den Plänen kommt von der FDP. “Die Steuereinnahmen brechen ein, Ausgaben und Schulden explodieren. In dieser Situation will Herr Heil ernsthaft noch einen neuen Bundeszuschuss für ein ungenau wirkendes Bürokratiemonster schaffen, um ein Prestigeprojekt der SPD abzuarbeiten”, sagte Fraktionsvize Michael Theurer. “Das ist einfach unseriös.” Kritik von ArbeitgebernArbeitgeberpräsident Ingo Kramer forderte die Bundesregierung auf, das Projekt aufzugeben. “Es wird höchste Zeit, bei der Grundrente die Reißleine zu ziehen”, sagte er laut einer Mitteilung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Alle, die mit dem Vorhaben befasst seien, wüssten, dass die jetzigen Pläne so nicht umsetzbar seien. “Der Bundestag täte gut daran, die Kritik der Deutschen Rentenversicherung, des Normenkontrollrats und des Bundesrates ernst zu nehmen und das Vorhaben mindestens zu verschieben oder zu korrigieren oder am besten ganz sein zu lassen.”