Trübe Konjunkturaussichten

OECD erwartet Seitwärtsbewegung in Deutschland - DIHK-Umfrage zeigt Ernüchterung mit Blick auf Ausland

Trübe Konjunkturaussichten

Die Erwartungen an das Jahr 2020 waren schon höher. Auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung stellt Deutschland mittlerweile eine Seitwärtsbewegung in Aussicht. Eine Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages fällt ebenfalls ziemlich ernüchternd aus.wü/sp/Reuters Paris/Berlin – Die Aussichten für die deutschen Unternehmen trüben sich ein. Das geht aus der jüngsten Prognose der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie aus einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) hervor. Während die OECD Deutschland für die nächsten Jahre eine konjunkturelle Seitwärtsbewegung voraussagt, hat der DIHK von rund 3 700 befragten Firmen ernüchternde Antworten zu den Perspektiven im Ausland erhalten. “Die Ergebnisse waren noch nie so schlecht wie heute”, sagte der Außenwirtschaftschef des DIHK, Volker Treier, in Berlin. Die Exporteure müssen sich im nächsten Jahr demnach erstmals seit der Finanzkrise vor über zehn Jahren auf ein Minus einstellen. Aber auch zu Hause sind die Aussichten trübe. Die OECD sagt Deutschland eine Dauer-Flaute voraus und forderte milliardenschwere Investitionen.Strukturelle Veränderungen wie der Klimawandel, die Digitalisierung sowie die Abkehr des Handels und der Geopolitik vom multilateralen Modell der Neunzigerjahre sorgten für wachsende Unsicherheit, urteilt Laurence Boone, die Chefökonomin der OECD. “Es wäre ein Fehler, diese Veränderungen als vorübergehende Faktoren zu betrachten, die man mit Geld- oder Fiskalpolitik angehen kann”, heißt es in ihrem jüngsten Wirtschaftsausblick. Solange es keine politische Grundlinie gäbe, um diese Themen anzugehen, werde die Unsicherheit hoch bleiben und den Wachstumsaussichten schaden. Prognosen gesenkt Die haben sich in den vergangenen Monaten ohnehin eingetrübt. Statt 3,5 % wie noch vor einem Jahr erwartet die internationale Organisation mittlerweile nur noch ein weltweites Wachstum von 2,9 % für 2020 und von 3,0 % für 2021. In der Eurozone dürfte die Wirtschaft nächstes Jahr lediglich 1,1 % und 2021 noch 1,2 % zulegen, während es in den USA jeweils 2,0 % vorangehen soll. In Deutschland wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im nächsten Jahr demnach nur um 0,4 % zulegen und auch 2021 mit plus 0,9 % hinterherhinken. Noch im Mai waren die Experten der OECD von einem Wachstum in Deutschland von 1,2 % im nächsten Jahr ausgegangen. Die Prognose ist um die positiven Effekte einer größeren Zahl von Arbeitstagen im nächsten Jahr bereinigt und liegt ungefähr auf einer Linie mit den Erwartungen in der Herbstprognose des Bundeswirtschaftsministeriums. Für Frankreich rechnet die internationale Organisation mit einem Wachstum von je 1,2 % im nächsten und übernächsten Jahr. Für das europäische Sorgenkind Italien werden 0,4 % und 0,5 % Wachstum prognostiziert.Die Bundesrepublik sollte die Spielräume im Rahmen der Schuldenbremse für Investitionen nutzen, um das langfristige Wachstum zu stärken und den Übergang zu einer emissionsarmen Wirtschaft zu erleichtern, empfiehlt Boone. Die größte Sorge sei, dass der sich seit zwei Jahren stetig verschlechternde Ausblick für die globale Wirtschaft unvermindert weitergehe. Darin spiegelten sich vor allem strukturelle Umbrüche wider.Eine dieser bisher von den Regierungen der Industriestaaten nicht genügend berücksichtigten strukturellen Veränderungen ist der Klimawandel. Die Zahl extremer Wetterphänomene nehme zu und könnte sogar steigen, wenn die Politik nicht handele, warnt die OECD-Expertin. Das könnte kurzfristig zu signifikanten Störungen der wirtschaftlichen Aktivität führen. Langfristig könnte dies Kapital und Land schädigen und zu ungeordneten Migrationsströmen führen. Pläne, um auf den Klimawandel zu reagieren, seien noch immer unterentwickelt. Maßnahmen zur Bekämpfung wie Emissionssteuern seien sowohl technisch als auch politisch schwer umzusetzen. Regierungen sollten sich davon jedoch nicht abschrecken lassen, meint Boone. Denn wenn sie keine klare Richtung vorgeben und die notwendigen öffentlichen Investitionen fehlen, werden ihrer Meinung nach Unternehmen ihre Investitionsentscheidungen aufschieben. Das wiederum hätte fatale Konsequenzen für Wachstum und Beschäftigung.