ENDE DER ALTEN ORDNUNG

Trump heizt den globalen Steuerwettlauf an

US-Steuerreform setzt Europa unter Druck

Trump heizt den globalen Steuerwettlauf an

Von Archibald Preuschat, FrankfurtFrüher, da war die Welt für Europas Steuerpolitiker in Ordnung – dann kam US-Präsident Donald Trump. Die US-Steuerreform, die Anfang 2018 in Kraft trat, stimuliert nicht nur die US-Wirtschaft, sie setzt insbesondere Europa unter Druck. In Trumps Politik des “America first” braucht es eben auch einen, der an zweiter oder dritter Stelle kommt – oder noch weiter abgeschlagen.Bis Ende 2017 erhoben die USA fast die höchsten Unternehmensteuern. Der effektive Durchschnittssteuersatz betrug etwa in Kalifornien 36,5 %. Mehr noch: Die USA unterwarfen auch die außerhalb des Landes erzielten Gewinne von US-Konzernen grundsätzlich diesem Durchschnittssteuersatz, wobei bereits im Herkunftsland abgeführte Steuern angerechnet wurden. Es war also für US-Konzerne unerheblich, ob sie in Deutschland (effektiver Durchschnittssteuersatz 28,2 %) oder Irland (14,1 %) investierten, da stets die hohe US-Unternehmenssteuer beziehungsweise konkret die Differenz zwischen US-Steuerbelastung und entsprechender Steuerbelastung im Herkunftsland fällig wurde.Diese Zeiten sind jetzt vorbei. Gewinne ausländischer Töchter werden häufig nur noch im Herkunftsland besteuert und lösen in den USA keine weitere Besteuerung aus. Für US-Konzerne sind Investitionen in Niedrigsteuerländer wie Irland jetzt steuerlich günstiger als solche in Deutschland oder Frankreich, wo der effektive Durchschnittssteuersatz sogar 38,4 % beträgt. Hinzu kommt noch, dass es für deutsche oder französische Unternehmen nun steuerliche Vorteile hat, in den USA zu investieren. Nächste Runde eingeläutet Nun hat Trump mit seiner Steuerreform das globale Wettrennen um immer niedrigere Unternehmenssteuersätze sicherlich nicht erfunden, aber zweifelsohne eine neue Runde eingeläutet. Zwar liegt der US-Unternehmenssteuersatz noch rund 2 Prozentpunkte über dem Durchschnitt der 36 OECD-Länder. Allerdings markiert der US-Steuersatz auch den zweitniedrigsten der größten Industriestaaten (G7). Nur Großbritannien schöpft mit einem effektiven Durchschnittssteuersatz von 21,5 % noch weniger ab. Und die britische Premierministerin Theresa May hat schon die nächste Runde im Steuerwettlauf avisiert. “Was auch immer sie für ein Unternehmen sind, in Großbritannien nach dem Brexit zu investieren, wird ihnen die niedrigsten Steuern in den G20 bescheren”, so May im Herbst am Rande der UN-Vollversammlung.Dabei ist es gerade einmal 20 Monate her, dass sich die G7-Staaten bei einem Treffen im italienischen Bari angesichts der vielfältigen Fragen der globalen Steuergerechtigkeit versprochen hatten: “Wir verpflichten uns weiter, für ein weltweit faires und modernes Steuersystem zu arbeiten und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle zu erreichen.”Frankreich reagiert derweil. Das Land möchte nicht als jenes mit den höchsten Unternehmensteuern dastehen und hat Reformen beschlossen, die den Satz schrittweise auf 25 % senken sollen. Deutschland zu passiv Berlin setzt indes weiter auf international koordinierte Maßnahmen – nicht zuletzt unter Führung der Industrieländerorganisation OECD. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte erst vor wenigen Wochen, dass er eine internationale Mindestbesteuerung, die auch die Digitalunternehmen treffe, für realistisch halte, und verwies just auf Bestandteile in Trumps Reform.Ökonomen hierzulande sind skeptisch. “Wir werden im Wind stehen”, mahnt Christoph Spengel, der an der Universität Mannheim lehrt und beim Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) forscht. Spengel steht nicht allein da. “Die Bundesregierung setzt bislang darauf, sich in diesem Wettbewerb passiv zu verhalten, und riskiert damit, dass der deutsche Wirtschaftsstandort international an Attraktivität einbüßt und Steueraufkommen verloren geht”, warnt der Kronberger Kreis, der wissenschaftliche Beirat der Stiftung Marktwirtschaft, dem mit Lars Feld und Volker Wieland unter anderem zwei Wirtschaftsweise genauso angehören wie der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest. Eine der Maßnahmen, die der Kronberger Kreis favorisiert: Deutschland soll Frankreich folgen und die steuerliche Unternehmensbelastung auch auf 25 % senken.