Trump nimmt Berlin ins Visier

Chefberater des US-Präsidenten kritisiert deutsche Exportüberschüsse - Steuerpläne benachteiligen Importe

Trump nimmt Berlin ins Visier

Nach Mexiko und China gerät nun auch Deutschland wegen seiner hohen Überschüsse im Handel mit den USA ins Fadenkreuz der Trump-Administration. Deren protektionistischer Kurs zeigt sich auch in den steuerpolitischen Vorhaben, die deutsche Unternehmen in die Bredouille bringen könnten.wf/lz Berlin/Frankfurt – Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Vorwürfe aus den USA zurückgewiesen, Deutschland nutze den niedrigen Eurokurs, um sich unfaire Handelsvorteile zu erschleichen. Peter Navarro, Chef-Wirtschaftsberater von US-Präsident Donald Trump, sagte, der Euro sei so etwas wie eine “implizite Deutsche Mark”, dessen niedriger Wert Deutschland einen Vorteil gegenüber seinen wichtigsten Handelspartnern gebe. Deutschland sei zudem eines der Haupthindernisse für einen US-Handelsvertrag mit der EU. Deutschlands “strukturelles Ungleichgewicht” im Handel mit dem Rest Europas und den USA zeige, dass die EU nicht als einheitlicher Partner angesehen werden könne.Deutschland habe immer für die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) geworben, entgegnete nun Merkel nach einem Treffen mit Schwedens Regierungschef Stefan Löfven in Stockholm. Überdies trete Deutschland für fairen Wettbewerb und Handel ein. Deutschland steht schon seit geraumer Zeit wegen seines hohen Leistungsbilanzüberschusses in der Kritik. Der ist zwar auch eine Folge des niedrigen Eurokurses, entzieht sich aber der Berliner Einflussnahme.Die protektionistischen und nationalistischen Tendenzen der Trump-Administration machen der deutschen Wirtschaft zunehmend Sorgen. BDI-Präsident Dieter Kempf hat zur Zusammenarbeit aufgerufen. Der Rückzug ins Nationale sei “ein Irrweg”, stellt Kempf fest: Er begrenze Menschen, Ideen und Produkte. Die westliche Welt sei dabei, sich grundlegend zu verändern. “Ein wirtschaftlich isoliertes Amerika hätte erhebliche Auswirkungen auf den weltweiten Handel”, erklärte Kempf bei der Amtsübergabe von seinem Vorgänger Ulrich Grillo. Allerdings würden vor allem die Unternehmen und Verbraucher in den USA selbst darunter leiden.Bundespräsident Joachim Gauck warnte ebenfalls vor einer “Abkehr vom Freihandel”: “Protektionistische Maßnahmen mögen auf kurze Sicht manchmal durchaus positive Effekte auf eine Volkswirtschaft haben, ihre langfristigen Folgen jedoch sind negativ.” Zugleich rief er zu einer “ehrlichen Bestandsaufnahme” auf. Die negativen Wirkungen der Globalisierung seien von der Politik, aber auch der Wirtschaft bislang zu wenig diskutiert worden.Unterdessen sind Analysten dabei, die möglichen Folgen von Trumps Kurs etwas genauer abzuschätzen. Die Ökonomen der Deutschen Bank etwa haben dabei die Steuerpläne genauer unter die Lupe genommen, die unter anderem eine “Border Adjustment Tax” enthalten könnten. Das Konzept sieht vor, das Unternehmenssteuersystem von einer Gewinnsteuer auf eine ziellandbasierte Besteuerung des Cash-flow umzubauen. Der Steuersatz soll danach von derzeit 35 % auf 20 % gesenkt werden. Trump hatte sogar eine Verringerung auf 15 % ins Spiel gebracht. Problem für AutoindustrieWährend im Inland die Steuerlast künftig aber weiter durch Abschreibungen gemindert werden kann, soll das für Importvorleistungen nicht mehr gehen. Das wirke, so Deutsche-Bank-Ökonom Oliver Rakau, wie eine Einfuhrumsatzsteuer – oder eine Dollar-Abwertung von 20 %. Gewinne aus Aktivitäten von US-Unternehmen im Ausland sollen dagegen gar nicht mehr besteuert werden. Die Auswirkungen dürften “deutliche Nachfrageverschiebungen und Veränderungen grenzüberschreitender Wertschöpfungsketten mit sich bringen”, schreibt er. Am stärksten wäre die deutsche Autoindustrie betroffen, dann der Fahrzeug- und Maschinenbau (siehe Tabelle) sowie ihre Zulieferer.Verkompliziert wird die Einschätzung indes, weil viele deutsche Unternehmen in den USA selber produzieren. Je größer der Anteil der Wertschöpfung vor Ort sei, so Rakau, desto mehr könnten sie von den US-Steuerplänen profitieren. Je stärker sie indes auf Vorleistungsgüter aus Deutschland angewiesen seien, umso mehr könnten sie unter der faktischen “Importsteuer” leiden.Hinzu kommt noch der Währungseffekt. Sowohl die angekündigten staatlichen Mehrausgaben, die das Wirtschaftswachstum steigern, als auch die steuerlich getriebene Zunahme an Wettbewerbsfähigkeit könnten eine Aufwertung des Dollar mit sich bringen. Das würde den angestrebten Steuereffekten zuwiderlaufen.—– Devisenmarkt Seite 18