KOMMENTAR

Trumps Bierdeckel

Es ist der Traum jedes Steuerzahlers und ein Wahlversprechen, dem man deshalb auch in Deutschland immer wieder Glauben schenkt: eine Steuererklärung, die auf einen Bierdeckel passt. Die neue US-Regierung geht jetzt noch einen Schritt weiter. Denn...

Trumps Bierdeckel

Es ist der Traum jedes Steuerzahlers und ein Wahlversprechen, dem man deshalb auch in Deutschland immer wieder Glauben schenkt: eine Steuererklärung, die auf einen Bierdeckel passt. Die neue US-Regierung geht jetzt noch einen Schritt weiter. Denn der mit Spannung erwartete Plan für eine “phänomenale” Steuerreform, den Donald Trump wenige Tage nach seinem Amtsantritt Ende Januar innerhalb der “nächsten zwei bis drei Wochen” angekündigt hatte und der am Mittwoch kurz vor Ablauf der ersten hundert Tage in der Amtszeit des neuen US-Präsidenten doch noch vorgestellt wurde, passt selbst auf einen Bierdeckel.Die Körperschaftsteuer soll von 35 auf 15 % sinken, die Einkommensteuer für alle Einkommensgruppen gesenkt und vereinfacht werden. Abzugsmöglichkeiten werden reduziert und Steuerschlupflöcher dicht gemacht. Ach so, und finanzieren wird sich das Ganze von selbst. Fertig ist die “größte Steuerreform seit 1986”, die Finanzminister Steven Mnuchin und Trumps oberster Wirtschaftsberater Gary Cohn in Aussicht stellen. Die Details zum Plan zur Reform freilich sollen “zu gegebener Zeit” nachgeliefert werden und dürften nicht auf einen Bierdeckel passen. Das ist offenbar auch den Voodoo-Ökonomen im Weißen Haus und im Finanzministerium klar.Es werde “Attacken von der Linken und Attacken von der Rechten” geben, stellte Gary Cohn in seinem Eingangsstatement fest. Den Präsidenten solle man aber nicht unterschätzen. Trump werde die Reform durchziehen, sprach der ehemalige Goldman-Sachs-Banker sich und seinem Goldman-Sachs-Alumni Mnuchin Mut zu. Mit dem Kongress stehe man täglich in “robusten” Verhandlungen, was wohl so viel heißen soll wie dass es am Ende dieser Gespräche auch schon Ergebnisse gegeben hat.Cohn und Mnuchin hatten ihre Ausführungen freilich noch nicht beendet, als sich erste Bedenkenträger aus der eigenen Partei meldeten, die in dem vorgelegten Plan Steuersenkungen, aber keine Reform erkennen konnten. Ob sich die Budgetwächter des Freedom Caucus, an denen schon die Gesundheitsreform zerschellt ist, einreden lassen, dass der Zauber aufkommensneutral bleibt, darf ebenfalls bezweifelt werden.Die Investoren ließen sich von der Show kaum beeindrucken. Sie haben Steuersenkungen bereits eingepreist und inhaltlich wenig Neues erfahren. Die handwerkliche Unbedarftheit, mit der sich die US-Regierung auch an dieses Vorhaben macht, sollte aber Warnung genug sein, dass es für das Gelingen der Steuerreform erhebliche Risiken gibt.