Geldpolitik

Türkische Inflation schnellt über 50 Prozent

Auch nach dem neuerlichen Anstieg ist der Höhepunkt der Inflation in der Türkei laut Experten noch immer nicht erreicht.

Türkische Inflation schnellt über 50 Prozent

Reuters Istanbul

Die Verbraucherpreise in der Türkei sind im Februar nach dem Absturz der Landeswährung Lira und wegen teurer Rohstoffe so stark gestiegen wie seit über 20 Jahren nicht mehr. Sie erhöhten sich um 54,4% im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistikamt am Donnerstag mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit 53% gerechnet. Die Lebensmittel verteuerten sich um rund 65%, Energie sogar teilweise noch stärker.

Experten zufolge ist damit der Höhepunkt noch nicht erreicht. Goldman Sachs geht davon aus, dass die Teuerungsrate im April sogar auf 60% steigen und erst im Mai/Juni mit 65% ihren Gipfel erreichen wird. „Wir sehen auch Aufwärtsrisiken bei den Rohstoffpreisen und der geldpolitischen Haltung (der Zentralbank), die nicht auf die Bekämpfung der Inflation ausgerichtet ist“, sagte Goldman-Experte Murat Unur.

Ein Grund für die steigenden Inflationserwartungen ist auch der Einmarsch Russlands in die Ukraine, der bereits die Gas-, Öl- und Getreidepreise in die Höhe schnellen ließ. So haben sich die Erzeugerpreise im Februar mehr als verdoppelt im Vergleich zum Vorjahresmonat – auch wegen der teureren Rohstoffe infolge des russischen Kriegs gegen die Ukraine. „Überschwappende Effekte der Russland-Ukraine-Krise, einschließlich höherer globaler Rohstoffpreise und potenziell neuer Unterbrechungen der Lieferkette, sprechen für ein Aufwärtsrisiko“, sagte Ökonom Jason Tuvey von Capital Economics.

Die Inflation ist in den vergangenen Monaten in die Höhe geschnellt – auch weil die türkische Zentralbank unter dem Druck von Präsident Recep Tayyip Erdogan ihren Leitzins deutlich gesenkt hat. Er liegt jetzt bei 14%, im September 2021 waren es noch 19%. Das wiederum hat erheblich dazu beigetragen, dass die Lira im vergangenen Jahr zum Dollar um 44% abgewertet hat. Dadurch werden Importe teurer, die meist in ausländischen Währungen abgerechnet werden.

Die türkische Wirtschaft ist 2021 mit 11% so stark gewachsen wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Die Konjunktur steht aber wegen der hohen Inflation und der negativen Folgen wegen des Ukraine-Krieges etwa für den Tourismus vor einem schwierigen Jahr.

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