Türkische Inflation zieht nochmals an

Unerwartet starker Anstieg der Verbraucherpreise - Zinserhöhungen verpufft

Türkische Inflation zieht nochmals an

rec Frankfurt – Unvermindert hohe Inflationsraten setzen der türkischen Wirtschaft zu. Ungeachtet drastischer Zinserhöhungen durch die Zentralbank des Landes lagen die Verbraucherpreise im Dezember 14,6 % höher als vor einem Jahr. Das ist der stärkste Anstieg seit August 2019. Beobachter rechnen damit, dass bis zu einer Trendwende bei den Teuerungsraten noch einige Monate vergehen dürften. Das setzt wiederum die Währungshüter unter Druck, noch mehr zu tun – womöglich schon im Rahmen ihres regulären Zinsentscheids am 21. Januar.Unter neuer Führung hat die Notenbank wiederholt an der Zinsschraube gedreht. An Heiligabend legten die Währungshüter nach, indem sie den Leitzins um 2 Prozentpunkte auf 17 % erhöhten. Das gab der Lira weiteren Halt, nachdem die Landeswährung über weite Strecken des abgelaufenen Jahres immer neue Tiefstände erreicht hatte. Dem Kurswechsel vorausgegangen war eine Aufsehen erregende Kehrtwende von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, der im Herbst von seinem Zinssenkungsdiktat abrückte und finanzielle wie wirtschaftliche Reformen in Aussicht stellte.Der neue Notenbankchef Naci Agbal hat stabile Inflationsraten im einstelligen Bereich zur Maßgabe erklärt. Bis dahin dürfte es laut Muhammet Mercan, Chefökonom der ING für die Türkei, aber noch dauern: Die Inflation werde “wahrscheinlich im April ihren Höhepunkt erreichen”, schrieb Mercan. Der Wechselkursausblick, Steuerreformen und Inflationserwartungen blieben vorerst Treiber. “Vor diesem Hintergrund wird die türkische Zentralbank wahrscheinlich ihre derzeitige vorsichtige Haltung beibehalten und bereit sein, sich zu bewegen, wenn sie eine weitere deutliche Verschlechterung der Aussichten sieht”, erwartet Mercan.Über die Weihnachtstage untermauerte Staatspräsident Erdogan seine Reformagenda für das Schwellenland, das wirtschaftlich glimpflicher durch die Pandemie gekommen ist als andere. 2021 solle “das Jahr der demokratischen und wirtschaftlichen Reformen” werden, sagte Erdogan der Nachrichtenagentur Reuters zufolge in einer Videobotschaft. “Wir sind entschlossen, ein System auf der Grundlage von Produktion und Beschäftigung zu schaffen”, ergänzte er, ohne dies näher zu erläutern. So solle das “Dreieck des Übels” zerstört werden. Mit dieser Bezeichnung bezieht sich Erdogan auf die aus seiner Sicht nachteiligen Wechselbeziehungen zwischen Zinsen, Inflation und Wechselkursen. Testphase für ImpfungenUnterdessen sollen in der Türkei in Kürze Impfungen gegen das Coronavirus anlaufen. Kurz vor dem Jahreswechsel traf ein Impfstoff der chinesischen Firma Sinovac ein, teilte Gesundheitsminister Fahrettin Koca auf Twitter mit. Nach einer zweiwöchigen Testphase wolle man mit den Impfungen beginnen. Wie viele Dosen angekommen sind, teilte Koca nicht mit. Ursprünglich hatte die Türkei 50 Millionen Dosen des chinesischen Impfstoffs bestellt, zudem will sie weitere Dosen von Biontech und Pfizer beziehen. In dem Land mit rund 83 Millionen Einwohnern sollen nach Angaben von Koca zuerst Mitarbeiter im Gesundheitswesen geimpft werden. Die Impfung ist nicht verpflichtend.